Räuchern: Eine alte Tradition neu entdeckt
Bonn - Die einen bekommen davon Kopfschmerzen, die anderen schwören darauf: Räuchern wird von immer mehr Menschen im Alltag praktiziert – zur Meditation oder der Verbreitung von positiver Energie. Der Brauch geht auf ganz verschiedene Traditionen zurück.
Veröffentlicht am 12.07.2021 – SpiriteaHTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Als ich vor ein einiger Zeit zur Arbeit gekommen bin, wurde ich stutzig: Es roch anders als sonst. Irgendwie nach Yoga-Studio. Der Duft hat mir zwar gefallen, dennoch habe ich bald ein Fenster aufgemacht, weil er mir zu intensiv wurde. Kurz darauf habe ich den Grund für den neuen Geruch ausfindig machen können: Jemand hatte ein neues Büro ausgeräuchert. Ein schneller Blick ins Internet zeigte mir, dass Räuchern offenbar gerade im Trend ist. Viele spirituelle Influencer geben Tipps zum Durchführen von Räucherzeremonien. Ich bin neugierig geworden und habe angefangen zu recherchieren.
Menschen räuchern schon seit Jahrtausenden. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Räuchern fand Anwendung zur Vertreibung von Geistern und für sakrale Rituale, aber auch zur Desinfektion und Aromatherapie.
Die Tradition des Räucherns zieht sich außerdem durch viele Religionen. Schon früh wurde der Rauch bei der Anrufung von Göttern genutzt, er sollte die Wünsche der Menschen zu ihnen bringen. Im Hinduismus werden noch heute Räucherstäbchen in den Tempeln entzündet. Sie sind eine Opfergabe für die Götter. Böse Geister vertreibt das Räuchern im Buddhismus. Im Judentum wird es im Alten Testament beschrieben und darf nur zur Ehrung JHWHS verwendet werden.
Aus dem Katholizismus kenne ich den Weihrauch selbst aus dem Gottesdienst. Einige Katholiken räuchern auch in den sogenannten Raunächten zwischen Weihnachten und Neujahr, um das Böse abzuwenden.
Seit ein paar Jahren erlebt das Räuchern, wie mir meine weitere Suche zeigte, auch im nicht-religiösen, spirituellen Bereich eine Renaissance. Viele Menschen nutzen es zur Unterstützung bei der Meditation oder für die spirituelle Reinigung. Dabei spielt auch eine Rolle, welche Pflanzen man zum Räuchern verwendet, denn ihre Duftstoffe haben unterschiedliche Wirkungen.
Doch wie funktioniert das Räuchern konkret? Folgende bekannte und häufig durchgeführte Räucherzeremonien habe ich herausgesucht:
Positive Energie verbreiten
Am bekanntesten ist für den Alltagsgebrauch wohl das Räuchern mit Palo Santo ("Heiliges Holz"), dem Holz aus dem Baum "Bursera graveolens". Es wirkt euphorisierend und wird häufig bei der Mediation genutzt. Außerdem kann man damit seine Wohnung – besonders die Ecken – ausräuchern, um negative Energie in positive zu wandeln. Dazu zündet man die Holzstäbchen an und pustet die offene Flamme aus, bis es nur noch glüht. Der Rauch füllt den Raum und lässt keinen Platz für Negatives.
Zur besseren Konzentration
Eine andere Art des alltäglichen Räucherns können wir uns in Japan abschauen. Dort nennt man das Räuchern „Koh“. Bei einer speziellen Räucherzeremonie („Koh-Do“) lauscht man dem Duft (ja, das ist kein Tippfehler). Das soll das Bewusstsein und die Konzentration steigern, weil man ganz auf den Geruch fokussiert ist. Der Ablauf der Zeremonie ist eine Kunst, die jahrelang zu erlernen ist. Die intensiven und edlen Duftmischungen kann man sich allerdings auch ohne viel Mühe als Räucherstäbchen zulegen und zu Hause anwenden.
Aura reinigen
Das Aura-Reinigen ist etwas für alle, die einen schlechten Tag hatten oder krank waren. Mögliche Pflanzen dafür sind Thymian (gibt Mut), Salbei (hellt die Stimmung auf) und Lavendel (beruhigt). All diese Kräuter müssen vorher getrocknet werden und können dann in einer kleinen Schale mit Kohle verbrannt werden. Man muss dabei besonders vorsichtig sein und darf nicht an die heiße Schale greifen. Wenn man den Rauch um seine Aura herumschwenken möchte, empfehlen sich auch hier Räucherstäbchen.
Wichtiger Hinweis: Man sollte es mit dem Räuchern nicht übertreiben und auf jeden Fall im Anschluss lüften. Denn dabei können sich giftige Gase bilden, denen man nicht zu lange oder zu häufig ausgesetzt sein sollte.
Nach meiner Recherche bin ich irgendwie angetan von dieser Art der Achtsamkeitsübung. Sicherlich werde ich die ein oder andere Art des Räucherns auch einmal ausprobieren. Vielleicht bin ich bald die Kollegin, die den neuen Geruch ins Büro bringt.