Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Neuanfänge nicht nur im neuen Jahr

Bonn - Neujahr, das heißt gute Vorsätze und viele Jahresrückblicke. Doch der Neuanfang kann auch eine Grundeinstellung im Leben sein – und die geht auf viele biblische Vorbilder zurück. Dort wird an verschiedenen Stellen neu begonnen.

Veröffentlicht am 03.01.2022 – Spiritea

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Jahresanfänge sind etwas merkwürdig: Alles spricht von Neuanfang (wie dieser Text) und von Erwartungen an das neue Jahr, guten Vorsätzen – die dann am Ende doch keiner einhält. Gleichzeitig passiert aber so wenig: Nach dem 31.12. kommt der 01.01., mehr passiert eigentlich nicht. Die Inventur und das Ende des Zeitraums für Jahresberichte und bestimmte Quoten ist erreicht. Innerlich tut sich oft wenig.

"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...", diese Zeilen aus Hermann Hesses Gedicht "Stufen" aus dem Jahr 1941 kann jeder irgendwie unterschreiben – doch da ist von anderen Anfängen die Rede: Jobwechsel, Umzug, Geburt eines Kindes – die wirklich relevanten Sachen im Leben eines Menschen. Mit dem Jahresanfang lässt sich das oft nur schwer übereinbringen, zu technisch und trocken ist er.

Doch hier zeigt sich schon eine Facette des Neuanfangs, der sich auch in der Bibel findet: Den Neuanfang als Dauerzustand: "Darum werden wir nicht müde; wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert." (2 Kor 4,16)

Erneuerung für jeden Tag

"Tag für Tag erneuert", heißt es hier. Die Veränderung, dieser niemals anhaltende, immer fortdauernde Prozess wird hier greifbar gemacht. Der Neuanfang geschieht innerlich und er geschieht jeden Tag. Jesus hat die Menschen immer zur Umkehr und damit zu einem Neuanfang aufgerufen. Das macht sich nie an Daten fest, es ist ein Schritt von innen nach außen. Neujahrsvorsätze wären in dieser Logik nichts, was man sich im ausklingenden Jahr aufschreibt für die Zeit nach Silvester, sondern eine Erinnerung für jeden Tag, eine Mahnung an Veränderung, für neue Impulse, Worte und Taten.

Dazu passt eine Geisteshaltung, die bereits im Alten Testament vorkommt: "Denkt nicht mehr an das, was früher war; / auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! Siehe, nun mache ich etwas Neues. / Schon sprießt es, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Wüste / und Flüsse durchs Ödland." (Jes 43,18-19) Wer etwas Neues tut, richtet den Blick nach vorn. Das Alte ist vergangen und macht dem Neuen Platz. Das widerspricht der melancholischen Note vieler Jahresrückblicke und Jahrzehnte-Shows, wo mit dem wohligen Schauer des Bekannten nach hinten geblickt wird. So soll es eigentlich nicht sein. Die Bibel gibt jedem eine gehörige Position Optimismus mit, um das Alte zu verlassen und das Neue zu wagen: "Ja, ich lege einen Weg an durch die Wüste / und Flüsse durchs Ödland."

Dieser Optimismus, die Offenheit für das Neue hat dabei natürlich viel mit Gottvertrauen zu tun. Wer sich auf Gott verlässt, hat die Schultern frei, um in großen Sprüngen vorwärts zu laufen und damit selbst die Veränderung zu sein, die man sich erwünscht – denn man fällt nie tiefer als in Gottes Hand.

Was heißt das für Neujahr und seine Vorsätze? Es heißt, dass gute Vorsätze für Neujahr ein Anfang sind, aber im besten Fall ein Anfang für viele Neuanfänge, jeden Tag einer. Veränderung, Weiterentwicklung macht sich nicht am Kalender fest, sondern in der inneren Einstellung, die uns – mit Gottvertrauen gerüstet – weiter tragen kann durch Höhen und Tiefen. Der Anfang, dem ein Zauber innewohnt, kann ein steter Begleiter des Lebens werden – und immer neuen Früchte bringen.

von Christoph Paul Hartmann