Höchste Brandgefahr!

Feuer und Flamme sein: Wofür brenne ich?

Jerusalem - Es brennt! Schnell die Feuerwehr rufen? Nicht ganz, schreibt Schwester Gabriela Zinkl. Diese Christen schon wieder. Ein überwältigendes Element, das nicht nur für starke Emotionen steht, sondern auch große Macht innehält.

Veröffentlicht am 22.05.2023 – 

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Feueralarm in Jerusalem. Es brennt! Noch dazu weht der Wind wie verrückt, es besteht also höchste Brandgefahr! – Ein klarer Fall für die Feuerwehr und sofortige Löschmaßnahmen! Jeder Feuerwehrmann, jede Feuerwehrfrau in nächster Nähe des Brandherds würde sich wohl so schnell wie möglich auf den Weg machen, um das Schlimmste zu vermeiden. Bei Feuergefahr geht es um Leben und Tod, also nichts wie los, um Menschen, Tiere und Hab und Gut vor den Flammen zu retten. Am Ende stellt sich aber heraus: Fehlalarm. Der Einsatz wird abgeblasen. Denn die Betroffenen vor Ort berichten, sie hätten alles im Griff, es "erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten, auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt" (Apg 2,3). Aha, diese Christen wieder, denkt sich ein Feuerwehrmann jetzt vielleicht. Sie haben sich im stillen Kämmerlein getroffen und gebetet und es wohl ein bisschen übertrieben, vielleicht hat jemand von ihnen mit Kerzen gezündelt. Jedenfalls reden sie jetzt alle wirres Zeug, erzählen von Feuerzungen, die keinen Schaden anrichten. Und sie reden in verschiedenen Sprachen daher und verstehen sich trotzdem irgendwie. So ein Durcheinander soll jemand verstehen?

Es ist Feuer-Alarmstufe Rot in Jerusalem, und doch bleibt alles heil. Niemand kommt zu Schaden, im Gegenteil, die Augenzeugen vor Ort erzählen begeistert von Sturmwind und plötzlichen Feuerzungen, noch dazu von einem großartigen Gemeinschaftsgefühl. Sie sind Feuer und Flamme für das, was ihnen widerfahren ist. Das ist es also, das Pfingsten, wie es die Apostel und ihre Nachfolger im Neuen Testament berichten. Nicht nur Feuerwehrmänner und -frauen stehen damit bis heute vor einem Rätsel.

Der brennende Dornbusch

Es ist nicht das erste Mal, dass in der Bibel von einem Feuer die Rede ist, das brennt und doch nicht verbrennt. Eine der symbolträchtigsten Stellen des Alten Testaments berichtet von Mose und seiner Begegnung mit Gott, JHWH, im brennenden Dornbusch am Berg Horeb: 

Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug. Er schaute hin: Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht. […] Der Herr sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. […] Und Gott antwortete dem Mose: Ich bin der "Ich-bin-da". (Exodus 3,2-5.14)

Das Feuer ist ein starkes, überwältigendes Element. Es ist in der Bibel sehr oft ein Zeichen dafür, dass Gott selbst gegenwärtig ist, bei Mose im brennenden Dornbusch genauso wie bei den Jüngern an Pfingsten: Der Gott, der wie ein verzehrendes Feuer ist. Der Gott, der brennt voller Liebe zu uns Menschen. Das Feuer, das sich auf jeden setzt und in dem doch niemand verbrennt, ist ein Zeichen dafür. An Pfingsten, so wie es im Neuen Testament beschrieben ist, kommt Gott selbst im Heiligen Geist zu seinen Jüngern, in Form von starkem Wind, der alles durchweht und erfrischt, und in Form von einer Art Feuerzungen, die die einzelnen erleuchten und doch nicht verbrennen. Was macht das mit uns? Was hat das mit mir persönlich zu tun?

Flammenzungen kommen zu Pfingsten auf Maria und die Apostel herab
Bild: ©adobestock/jorisvo

Flammenzungen kommen zu Pfingsten auf Maria und die Apostel herab

Pfingsten ist ein feuriges Fest. Pfingsten hat Feuer! Deshalb betrifft es uns ganz grundsätzlich. Ohne Feuer und ohne die Wärme des Feuers gäbe es kein Leben. Feuer: das aufregendste der Elemente! Wir kennen das Feuer der Leidenschaft, das einen Menschen verzehren kann, das Feuer glühender Liebe, jemand kann aber auch vom Feuer glühenden Hasses erfüllt sein. Das sind so ziemlich die stärksten Emotionen, die uns bewegen können. Feuer ist das Element der Extreme, es ist etwas Kostbares, was der Mensch gut kontrollieren muss. Herd und Lagerfeuer mussten gehütet werden, dafür gab es eigens "Personal", im antiken Götterhimmel der Griechen, Römer und Germanen und auf der Erde. Prometheus, der griechische Gott, brachte das Feuer der Sage nach auf die Erde, und damit begann die menschliche Zivilisation. Kochen, Heizen, aber – leider! – infolgedessen auch Umweltzerstörung wurden erst möglich, nachdem der Mensch gelernt hatte, Feuer zu machen und damit umzugehen.

Gleichzeitig sitzen vielen Menschen gern stundenlang vor einem Lagerfeuer oder einem prasselnden Kaminfeuer, ersatzweise vor dem Kaminfeuer-Video. Die tanzenden Flammen, das Farbenspiel von Rot, Gelb und Weiß, das leise Rascheln und gelegentliche Knacken beruhigen Seele und Geist. Nicht zuletzt steht Feuer für Verwandlung. Im Feuer wird Metall geschmolzen und zu etwas Neuem geformt. Feuer steht auch für Reinigung, denn durch die Hitze werden Schlacken ausgeschieden, das reine Gold bleibt zurück. Auch der Mensch erlebt diese Läuterung, nicht nur wenn er über glühende Kohlen gehen muss, sondern auch in Erwartung von Hölle und Fegefeuer.

Das Kerzenmeer in der Kirche

Feuer ist auch Licht. Vor der Erfindung der Elektrizität gab es nur Kerzenlicht. Jede Kerze hat eine kleine Flamme. Wie gerne schauen wir in das Licht von Kerzen, wie schön ist ein "Kerzenmeer" in einer Kirche vor der Mutter Gottes oder vor der Pieta anzuschauen. Da ist das Feuer das Symbol für uns lieb gewordene Menschen. Jede kleine Flamme steht für eine konkrete Person. Abgesehen von romantischen Kerzen oder Teelichtern mit unseren Gebetsanliegen halten wir das Feuer lieber auf Distanz, sei es auf kleiner Flamme bei der Heizung oder in Gefahr in Schach gehalten durch die Feuerwehr. Nichtsdestotrotz bleibt Feuer ungreifbar, unberechenbar, unverzichtbar.

Pfingsten und das Feuer des Heiligen Geistes. Das ist nicht nur ein schönes Bild aus alter Zeit. Das Feuer des Heiligen Geistes will in uns wirken, uns antreiben, nicht zündeln und brandstiften. Wo Gott durch den Heiligen Geist in einen Menschen hineinkommt und ihn erfüllt, da beginnt dieser Mensch für Jesus zu brennen, Feuer und Flamme zu sein für ihn. Und wo das geschieht, wo in vielleicht ganz einfachen und unbeholfenen Worten von Jesus geredet wird, da springt der Funke über. Das ist gemeint mit dem Feuer von Pfingsten. Und damit bin ich selbst gemeint. Bin ich Feuer und Flamme für die Botschaft Jesu, wie damals die Jünger? Das kann ein Grillabend sein, wie bei Jesus und seinen Jüngern am See von Galiläa, als sie ihn beim Feuer erkannten. Das kann beim gemeinsamen Beten sein wie bei den versammelten Jüngern in Jerusalem zum ersten Pfingstfest. Das kann in jedem Augenblick sein, in dem ich bereit bin für den Funken des Feuers des Heiligen Geistes. In jedem Fall wird das eine feurige Angelegenheit, Pfingsten eben.

von Schwester Maria Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über  Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag.

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