Eine Bank als Zufluchtsort
Jerusalem - Sie stehen im Park, im Wald und in der Kirche: Bänke laden zum Ausruhen ein. Hier kann man sich besinnen und eine Pause im stressigen Alltag finden. Schon als Studentin hatten Bänke auf Schwester Gabriela Zinkl eine besondere Faszination ausgeübt.
Veröffentlicht am 17.07.2023 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Eine Frage für's Kreuzworträtsel: Bauwerk oder Kunstwerk im öffentlichen Raum mit vier Buchstaben? – Vielleicht Turm? Oder Burg? Falsch, wir müssen viel kleiner denken. Gemeint ist eine Bank. Nicht etwa eine Bank als Kreditinstitut, auch keine Notenbank oder gar die Schlachtbank, sondern die Parkbank, eine Sitzbank zum Ausruhen, wie sie in der Sonne, im Grünen oder im Schatten unter dem Baum steht. So eine Bank ist der beste Platz für die Mittagspause, zum Eisschlecken, für den Nachbarschaftsplausch oder zum Büchertausch. Manche Bänke sind seit Generationen der Treffpunkt im Dorf. Die eingeritzten Herzchen auf manchen Rückenlehnen waren Liebesweise lange bevor der Trend zum Metallschloss an der Brücke über dem Fluss ging, bis heute sind Bänke ideale Orte fürs erste Rendezvous und zum "Anbandeln". Was wären Parks ohne Bänke? Langweilige Grünflächen! Genauso beleben Bänke und laden zum Verweilen ein auf dem Spielplatz, Friedhof, in der Fußgängerzone, am Wanderweg, im eigenen Garten, auf dem Balkon oder vor dem Haus.
Draußen, im öffentlichen Raum unserer Dörfer, Städte und Landschaftsparks stehen die Bänke einfach nur so herum, Tag und Nacht, unbeachtet, Wind und Wetter ausgesetzt. Doch kaum blitzen die ersten Sonnenstrahlen hervor, werden sie zum Sehnsuchtsort unzähliger 9-to-5-Angestellter, Ruheständler oder Altenheimbewohner. Herzlich willkommen im 5-Minuten-Urlaubsparadies für die kleine Pause zwischendrin!
Sitzbankdichte als Indikator für Glück
Ein Lob auf alle Kommunen, Erholungsorte, Tagungshäuser, Schlossparks und neuerdings auch Arbeitgeber, die besonderen Wert auf eine attraktive Gestaltung von Grünanlagen mit ausreichend Bänken legen. Es gibt Städte, die genau angeben können, wie viele solcher Bänke sie haben, in Grünanlagen, auf Spielplätzen, verstreut im ganzen Stadtgebiet. In Hamburg fordert eine Initiative von Bürgern, alle 500 Meter eine Bank als Sitzmöglichkeit anzubieten. In Halle an der Saale haben Kunststudenten Sitzmöbel für die Stadt entworfen. Wäre es nicht eine gute Idee, die Attraktivität von Städten auch nach der Anzahl ihrer Bänke zu bewerten – statt mit der Anzahl wichtiger Banken? Die Sitzbankdichte eignet sich durchaus als Indikator für urbanes Glück. Dann würde man erfahren, dass allein im New Yorker Central Park mehr als 10.000 Bänke stehen, die man auch auf einer eigenen Instagram-Seite bestaunen und sogar adoptieren kann. Die Stadt London wirbt mit ihren 50.000 Parkbänken und 4.000 Pubs, was für ein sagenhaft großer Freizeit- und Wohlfühlfaktor! Im Berliner Tiergarten gibt es immerhin 600 Bänke an der Zahl, im Englischen Garten in München nicht weniger als 800, ab 200 Euro kann man dafür eine Patenschaft mit Widmung übernehmen. Bei einem so großen Angebot an Bänken müsste doch für jeden Geschmack etwas dabei sein? – Wo steht eigentlich meine ganz persönliche Lieblingsbank? Bei mir in der Nähe, vor der Haustür, oder doch weiter weg am Flussufer oder romantisch in einem Schlosspark?
Parkbänke und Bänke im Grünen haben Hochkonjunktur, sie sind zeitlos schlichtes Stadtmobiliar: ein paar Holzlatten im Rücken und zum Sitzen montiert auf ein Eisengestell, in kantiger oder runder Ausführung, unserer Sitzhaltung angepasst. Damit die Bänke einladend wirken und bleiben und eine angenehme Sitzmöglichkeit, bedürfen sie der ständigen Erneuerung. Das ist kein geringer Kostenfaktor für die Grundstückseigentümer, aber eine Ausgabe, die sich lohnt, zum Wohl aller. Apropos Sitzgelegenheit, Krankenkassen und Fitnessstudios warnen uns von morgens bis abends davor, wie ungesund das Sitzen im Büro und vor dem PC sei. Sind nicht Parkbänke die beste Therapie gegen diese einseitige Haltung? Wir müssen uns dorthin nämlich erstmal auf den Weg machen ins Freie, das kostet schon sportliche Energie. Und gegen das Platznehmen auf der guten alten Parkbank kann niemand etwas einwenden, denn das ist Erholung pur an der frischen Luft.
Allein der Anblick einer Parkbank macht schon gute Laune und führt zu Entspannung. Als ich studierte, stand auf der Fensterbank nahe meines Schreibtischs eine Postkarte mit einer Holzbank im Grünen, das war mein ganz persönlicher Trigger. Wenn mein Blick während des Lernens auf dieses Bild fiel, stellte sich gedanklich sofort neue Motivation ein, ich lehnte mich kurz zurück, streckte mich, und schon ging es mit neuem Elan weiter mit der Nase in den Büchern.
Die Bank als Zufluchtsort
"Dem Himmel sei Dank – eine Bank." Dieses Stoßgebet kommt vor allem müden Passanten und Wanderern über die Lippen, wenn der Weg lang war und die Beine müde sind, egal ob man mit Wanderschuhen oder mit dem Rollator unterwegs ist. Die Bank gehört zum Wandern und Ausruhen wie die Butter auf die Brezel. Es geht auch ohne, aber dann ist es nur halb so gut.
Mitten in unserem Wohnorten und Arbeitszentren sind Bänke, wie auch die vielen Bänke in den Kirchen, Zufluchtsorte. Zum Ausruhen, fürs Sonnenbad, zum Abschalten, zum Kennenlernen, zum Näherkommen, auch zum Alleinsein. Ja, manche wollen sie ganz für sich allein haben. Andere hoffen, dass sich endlich jemand neben sie setzt und sie anspricht. Und es gibt diejenigen, die eine halbe Ewigkeit die Bank in Besitz nehmen, während andere auch auf diesen Platz lauern. Legendär ist das Video mit Mr. Bean in der Mittagspause auf der Parkbank, bei der er sein Sandwich frisch zubereitet, während der Nachbar die Nase rümpft. Eine Bank bietet uns ein Stückchen Freiheit, da draußen im öffentlichen Raum, wo sonst für alles eine Gebühr, Miete oder sonst ein Umsatz verlangt wird, angefangen bei den Cafés in den Fußgängerzonen: kein Sitzplatz ohne Verzehr. Ein Lob auf die kostenlose Sitzbank! Leider ist sie mancherorts vom Aussterben bedroht, denn marode Bänke sind schneller abgebaut als erneuert, und in Innenstädten wird neuerdings gerne ein Standardmodell aus Metall ohne Rückenlehne aufgestellt, das leicht zu reinigen ist und Obdachlose vom längeren Verweilen abhalten soll.
Eine Stadt, ein Dorf ohne eine öffentliche Sitzbank ist eine leerer Ort. Denn, seien wir ehrlich, eine Bank im Park, auf dem Friedhof, am Weg, gibt Geborgenheit und Orientierung. Man muss nur die Augen schließen und an all die schönen Plätze im Freien denken, wo Bänke stehen: im Park unter der großen Kastanie, im Schlosspark, mit schönem Blick auf das Flussufer oder den See, zum Ausruhen am Marktplatz oder Kirchplatz. Ein Lob auf die Bank, unser kleines Ferienparadies, Wohnzimmer im Freien Ort der Begegnung und Meditationsraum. Also, nichts wie los zur nächsten Lieblingsbank.
Die Autorin
Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag.
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