7 Tipps fürs Bibellesen
Jerusalem - Fast jeder hat sie im Regal, aber nur wenige haben sie ganz gelesen: die Bibel. Das wundert Schwester Gabriela Zinkl nicht, denn zugegebenermaßen kann es an einigen Stellen etwas langwierig werden. Darum braucht man einen guten Leseplan.
Veröffentlicht am 03.07.2023 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Wenn ich Tamara mit ihren Kopfhörern vorbeigehen sehe, mit einem vielsagenden Lächeln im Gesicht, dann weiß ich ganz genau, was sie gerade auf den Ohren hört: es ist nicht der neueste Song aus den Charts, sondern ein Hörbuch. Tamara hört sich nun schon seit einigen Wochen durch die Audio-Ausgabe der Bibel. Und manchmal erzählt sie mir zwischendrin davon, von den unglaublichen Geschichten aus dem Alten Testament, aber auch von den eher langweiligen Berichten der Geschichts- und Gesetzesbücher des ersten Teils der Bibel. Und wenn ich ihr sage: "Es wird noch richtig spannend bei den Propheten und im Neuen Testament sowieso", weiß ich nicht sicher, ob sie das tatsächlich zum Durchhalten bewegen wird. Denn die Bibel am Stück zu lesen oder zu hören ist auf alle Fälle schwere Kost. Man muss ganz schön dran bleiben und sich selbst disziplinieren, damit man das nicht irgendwann doch zur Seite legt und sein lässt. Aber Tamara hat da den absoluten Eifer des Anfangs, denn sie ist Studentin und hat sich erst vor ein paar Monaten taufen lassen. Neben ihren Studienbüchern ist die Bibel deshalb für sie gerade ein ziemliche spannende, da neue Lektüre. Und immer wieder stellt sie mit Erstaunen fest, wie viele Erzählungen oder auch Redewendungen ihr daraus doch schon vertraut sind, weil sie in unsere Sprache, Kunst und Kultur Eingang gefunden und diese geprägt haben.
Vieles aus der Bibel kommt uns allen vertraut vor.
Wenn jemand die Bibel liest und andere raten lässt, was wohl momentan auf der persönlichen Leseliste steht – es wird wohl kaum jemand auf die Heilige Schrift kommen. Dabei ist sie doch das meist verkaufte Buch der Welt, und das schon seit Jahrzehnten. Zählt man nämlich all die verschiedenen Ausgaben und Übersetzungen in die unterschiedlichsten Sprachen der Welt zusammen, dann ist das absolut nachvollziehbar. "Longseller" nennt die Buchhandelsbranche solche Bücher, die sich über einen längeren Zeitraum gut verkaufen, und dazu zählt das "Buch der Bücher" eindeutig. Bei den Buch-Verkaufsschlagern in Deutschland steht die Bibel in einer Reihe mit dem Duden oder dem klinischen Fachbuch Pschyrembel, "Harry Potter" oder der "Herr der Ringe" sehen dagegen ziemlich blass aus.
In so gut wie jedem Bücherregal, egal ob Christ oder nicht, müsste also eine Bibel stehen. Sei es als Geschenk zur Kommunion, Firmung, Konfirmation oder Hochzeit. Aber sind wir mal ehrlich: viele besitzen eine Bibel, aber wenige haben sie im Gebrauch. So manche schöne Geschenkausgabe mit Goldschnitt verstaubt seit Jahren im Bücherregal. Ist das meist verkaufte Buch also nur zum Schein ein Beststeller? Fast jeder hat eine Bibel, kennt aber ihren Inhalt gar nicht? Darüber muss man an sich den Kopf schütteln, aber das ist wohl die Realität. Die Bibel ist für viele ein verstaubtes Buch, im direkten wie im übertragenen Sinn des Wortes: verstaubt, altbacken, langweilig, schön anzusehen im Bücherregal, aber nicht wirklich lesenswert. Das erinnert mich an die Bücherattrappen in den Regalen der Musterzimmer in Möbelhäusern.
Wenn ich Tamara mit ihren Kopfhörern sehe, dann gefällt mir das. Wo gibt es das denn heute noch? Die Bibel lesen oder hören, noch dazu am Stück? Dabei hat das lange Tradition im Christentum, schließlich ist es die Heilige Schrift, Wort Gottes. In der Feier des Gottesdienstes schließt das Vortragen der Lesung mit den Worten ab: "Wort des lebendigen Gottes". Irgendwie ist das faszinierend. Es meint doch, dass diese Texte viel mehr sind, als nur aneinandergereihte Sätze für einen Roman oder Krimi, der gut ist, den man dann aber wieder vergisst.
Zum Bibellesen braucht man einen Plan!
Die Bibel will mehr sein und ist mehr. Lebensbuch, Leitfaden, Handlungsanleitung, für jeden und jede ganz persönlich. Aber einfach ist das nicht, vor allem, wenn man den Plan hat dieses Buch am Stück zu lesen oder zu hören. Dafür braucht es einen Plan, finde ich. Denn es ist zu schade, als Christin und Christ, das schöne Buch einfach nur im Schrank verstauben zu lassen. Wir müssten eigentlich ganz genau Bescheid wissen über all die Taten, Geschichten und wunderbaren Erzählungen von Gott und den Menschen, von Jesus und seinen Taten und von den ersten Nachfolgern und Nachfolgerinnen Jesu. Nur wer weiß, woran er glaubt, kann das glaubwürdig tun. Deshalb ein kleiner Leitfaden für das ganz persönliche Lesen der Bibel zuhause:
1. Oft kommt es auf die Verpackung an, so auch bei der Bibel: sich eine schöne Ausgabe zulegen, mit ansprechenden Bildern, in ansprechendem Format oder als Audio-Datei mit einer Erzähler-Stimme, die mir gefällt und mich inspiriert. Warum ist das wichtig? Um wegzukommen von dem Gefühl, dass die Bibel ein verstaubtes, altes Buch ist. Man soll es gern in die Hand nehmen, jetzt und auch später hoffentlich wieder.
2. Eine Übersetzung auswählen, die mich anspricht. Übersetzungen gibt es viele, welche aber ist die richtig für mich? Auch, wenn es auf den ersten Blick verlockend ist, eine Bibel in einer umgangssprachlichen Übersetzung zu kaufen – ja, es gibt auch Bibeln in Dialektsprache –, es ist am besten, so nah wie möglich am Originaltext zu bleiben, der übrigens in Althebräisch oder Altgriechisch ist. Es gibt viele gute Übersetzungen, die die Texte der Bibel in unserer gegenwärtigen Sprache verständlich darstellen. Die aktuelle deutsche Einheitsübersetzung von 2016 ist eine davon.
3. Einen Leseplan machen oder verwenden.. Am Anfang ist die Bibel ein ziemlich dickes Buch, unmöglich, das in ein paar Wochen fertig zu kriegen. Das kann auf die Dauer aber frustrierend sein. Es gibt online verschiedene Lesepläne (auch auf dem Instagram-Kanal von katholisch.de) oder man kann das tatsächlich Stück für Stück, Buch für Buch, Kapitel für Kapitel angehen.
4. Der wohl wichtigste Punkt: Durchhalten. Es zieht sich, es kann langweilig werden und dann doch wieder ganz spannend. Aber man braucht Geduld. Deshalb eine schöne Bibelausgabe, und die Aussicht, dass spätestens das Neue Testament sehr viel bereichernden Lesestoff bereithält.
5. Sich ein ganz persönliches Bibel-Ritual schaffen. Das Alles geht einfacher, wenn es immer zur selben Zeit am selben Ort praktiziert wird. Vom Handy auf dem Weg zur Uni, ins Büro, in die Arbeit oder zurück nach Hause. Als Audio-Datei bei Abspülen oder Fahrradfahren. Zum Lesen immer eine halbe Stunde am Abend. Das ist wichtig, denn eine ritualisierte Zeit und ein ritualisierter Ort machen das zur Gewohnheit und man braucht ja langen Atem für die ganze Bibel.
6. Lesen mit Bleistift, Notizbuch und Einmerkern. Es gibt viele spröde Stellen, durch die man sich mehrmals durchbeißen muss, um sie zu verstehen. Aber es gibt zwischendrin immer wieder auch Sätze, die mich ins Herz treffen, wie für mich geschrieben sind. Dann will Gott mir damit es ganz Bestimmtes sagen. Um das nicht zu vergessen, um überhaupt diese Fülle an Texten besser verarbeiten zu können, ist man mit Notizen gut aufgehoben.
7. Trick 7, wenn alles nichts mehr hilft: Beten. Vor dem Lesen oder beim Kauen an schwierigen Passagen ein kleines Gebet sprechen: Lieber Gott, begleite mich. Oder: Lieber Gott, was willst du mir damit sagen? Was ist wichtig für mein eigenes Handeln?
Ich bin sicher, das hilft. Und wünsche viel Erfolg beim Ausprobieren. Es wäre schön, wenn unsere Welt mehr Menschen hätte wie Tamara, die die Bibel auf den Ohren hat.
Die Autorin
Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag.
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