Auf der Suche nach dem "richtigen" Emmaus – Näher als man denkt
Bonn - Der Ort Emmaus ist vielen Christen vom Ostermontagsevangelium bekannt. Wo sich dieser genau befindet, ist nicht eindeutig. Warum das Wissen darum auch gar nicht so wichtig ist, zeigt diese Spurensuche.
Veröffentlicht am 01.04.2024 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Wer die Wahl hat, hat die Qual: So sagt man manchmal, um auszudrücken, dass es gar nicht so einfach ist, mehrere Optionen zur Verfügung zu haben. Oftmals fällt eine eindeutige Entscheidung wesentlicher leichter, wenn die Wahlmöglichkeiten begrenzt sind.
Mit der Suche nach dem historischen Emmaus verhält es sich ähnlich: Drei Orte im Heiligen Land beanspruchen heute für sich, jenes Emmaus zu sein, von dem der Evangelist Lukas im 24. Kapitel seines Evangeliums berichtet. Und doch ist die Frage nicht ganz leicht zu klären. Denn wer die Wahl hat, hat eben auch hier die Qual – nämlich die, begründen zu müssen, warum es genau dieser Ort ist und warum andere Orte nicht plausibel sind.
Zunächst lässt sich aus dem Lukasevangelium nicht vieles über die Lage jenes Ortes sagen, der Emmaus genannt wird. Lukas nennt den Ort ein "Dorf" und erzählt, dass es "sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist" (Lk 24,13). Das "Stadion" ist ein Längenmaß aus römischer Zeit; in heutige Messeinheiten umgerechnet sind sechzig Stadien ungefähr 11,5 Kilometer. Damit ist klar, dass Emmaus im näheren Umkreis von Jerusalem gelegen haben muss. Vielleicht war es zur damaligen Zeit einer der vielen Vororte von Jerusalem. Heute jedenfalls ist die Identifikation des historischen Ortes nicht mehr eindeutig möglich, da es im Umkreis von zwölf Kilometern einige Siedlungen gibt, die infrage kommen würden.
Da ist zunächst das Dorf Abu Gosch, das an der Nationalstraße 1 in Richtung Tel Aviv liegt. Der Ort hat eine jüdische Tradition: Hier soll sich das biblische Kirjat-Jearim befunden haben – es handelt sich also um jenen Ort, an dem gemäß der Erzählung des ersten Samuelbuches (7,1) die Bundeslade für einige Zeit untergebracht war.
Für die Kreuzfahrer war Abu Gosch das biblische Emmaus: Hier ließen sie eine große Kirche bauen, die an die Begebenheit aus dem Lukasevangelium erinnern soll. Obwohl auch die Entfernung nach Jerusalem stimmt, hat die Sache einen Haken: In der Antike trug das Dorf nicht den Namen Emmaus, weshalb eine Identifikation mit dem Emmaus des Lukasevangeliums doch eher unwahrscheinlich ist.
Weitere Möglichkeiten
Der zweite denkbare Ort ist El Qubeibeh, das sich heute im Westjordanland nahe Ramallah befindet. Auch El Qubeibeh liegt ungefähr elf Kilometer von Jerusalem entfernt, und auch hier errichteten die Kreuzfahrer eine Kirche. Allerdings waren es erst die Franziskaner, die El Qubeibeh im 13. Jahrhundert mit dem neutestamentlichen Emmaus gleichsetzten. Immer wieder kamen deshalb Pilger in das Dorf, um hier auf den Spuren des Neuen Testaments zu wandeln. Bis heute betreibt der Deutsche Verein vom Heiligen Land in El Qubeibeh ein Alten- und Pflegeheim.
Und schließlich eine dritte Möglichkeit: Emmaus-Nikopolis. Gesichert ist, dass der Ort schon zu biblischer Zeit Emmaus hieß. Allerdings stimmt die Entfernung nicht: Laut zweier Landkarten aus römischer Zeit lag Nikopolis nämlich rund 30 Kilometer von Jerusalem entfernt. Schon der Schriftsteller Eusebius von Cäsarea erkannte in Nikopolis jenes Emmaus, aus dem Kleopas stammte. Bereits in byzantinischer Zeit gab es an diesem Ort eine bedeutende Kirche, die später von den Kreuzfahrern wieder aufgebaut wurde. Trotz der nicht stimmigen Entfernungsangabe scheint Nikopolis wohl das Emmaus des Neuen Testaments zu sein.
Begründen lässt sich dies damit, dass in älteren Manuskripten des Lukasevangeliums von 160 Stadien die Rede ist, was den rund 30 Kilometern entsprechen würde. Und beinahe selbstverständlich haben die Theologen der Frühen Kirche Nikopolis als das Emmaus des Neuen Testaments angesehen. Bis in unsere Zeit hat sich übrigens der ursprüngliche Name bewahrt: Der Ort heißt heute "Amwas".
Darüber hinaus ist es ein schöner Zufall, dass es den Ort Emmaus heute gleich dreimal gibt. Denn auch dadurch wird eine Einsicht des Lukasevangeliums ausgedrückt: Emmaus ist nicht dort, wo wir dem Auferstandenen begegnen können. Sondern dort, wo wir heute im Alltag mit dem auferstandenen Herrn in Berührung kommen – dort liegt Emmaus. Und das ist mit Sicherheit nicht nur ein einziger Ort.
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