Warum Stress auch gute Seiten hat – "Wegweiser" zum Wohlgefühl
Bonn - Stress ist allgegenwärtig. Er gilt als eines der größten Übel für die körperliche und seelische Gesundheit. Allerdings können negative Gefühle und Zustände durchaus hilfreich sein – wenn man sie als Signale ernstnimmt.
Veröffentlicht am 06.02.2023 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Eine gute Nachricht und eine schlechte. Die schlechte: Ein Leben ohne Stress erscheint Forschenden nicht besonders realistisch. Die gute: Es gibt einiges, was man tun kann, um sich trotz Stress wohlzufühlen – und ihn auf eine sinnvolle Art in das eigene Leben zu integrieren.
Doch von vorn: Was ist Stress eigentlich? Da fangen die Probleme bereits an, sagt die Verhaltensbiologin Madlen Ziege. "Niemand weiß so richtig, ob Stress das ist, was von außen kommt – oder ob man ihn sich selbst bereitet." Dies sorge für viele Missverständnisse.
Der Psychologe Timo Schiele rät dazu, zwischen Eustress und Distress zu unterscheiden: "Eustress erleben viele Menschen als belebend, spannend, vielleicht elektrisierend. Wenn wir über Stress im negativen Sinne sprechen, meinen wir den Distress, also einen unangenehmen Zustand, der als Dauerzustand gesundheitsgefährdend sein kann." Der leitende Psychologe der Psychosomatischen Klinik im Kloster Dießen am Ammersee betont, dass diese Form von Stress nicht nur von außen komme, beispielsweise durch den Job: "Ein starker Stressfaktor sind für viele Menschen auch die eigenen Anforderungen."
Positiver vs. negativer Stress
Zudem ist das Stresserleben sehr individuell. "Was für den einen positiver Stress ist, ist es für den anderen nicht – und umgekehrt: Was dem einen großen Stress bereitet, ist für die andere der alltägliche Wahnsinn", erklärt Ziege. Auch könnten sich negative und stressbehaftete Erlebnisse im Nachhinein als etwas herausstellen, das einen Anstoß für eine positive Entwicklung gegeben habe.
Auch auf gesellschaftlicher Ebene hängen Individualität und Stresserleben laut Schiele zusammen: "Grundsätzlich sind heute unterschiedliche Lebensentwürfe möglich", erklärt er. Immer mehr Studiengänge und Ausbildungsformen, verschiedenste Sportarten, ein breites Freizeitangebot und "die buntesten Speisen" – all das kann eine Bereicherung sein. "Viele Menschen fühlen sich aber auch überfordert oder zumindest herausgefordert, ihren Platz zu finden."
Was also tun? Wenn Stress ein individuell unterschiedliches Problem ist wird, liegt es nahe, auch nach möglichen Lösungen auf persönlicher Ebene zu suchen. Schiele, der vor zwei Jahren das Buch "Burn On" veröffentlicht hat, nennt ein Beispiel: "Typisch ist, dass Menschen sagen: Die Arbeit ist mir wichtig, aber nicht das wichtigste. Wenn ich mir die Zeitaufteilung aber in einer Art Kuchendiagramm veranschauliche, dann hat die Arbeit jedoch jede Woche den Hauptanteil."
Das lässt sich nicht unbedingt von jetzt auf gleich verändern. Doch wichtig ist, das betont Ziege, diese Beobachtungen überhaupt erst einmal anzustellen – und sie ernstzunehmen. Viele Menschen verlernten im Lauf des Lebens, auf ihr Bauchgefühl zu hören, auch durch verbreitete Durchhalteparolen wie "Stell dich nicht so an" oder "Was man anfängt, muss man auch beenden". Dabei gehöre es einer gesunden Selbstfürsorge, "sich zu fragen, was einem gut tut und was nicht, wann es Zeit ist, Dinge zu verändern".
Stress ist kein Feind
Die Wissenschaftlerin hat soeben das Buch "Die unglaubliche Kraft der Natur. Wie Stress Tieren und Pflanzen den Weg weist" veröffentlicht: ein Plädoyer dafür, Stress nicht als Feind zu betrachten, sondern als eine Art Wegweiser. Die Natur könne dafür ein guter Lehrer sein, betont Ziege. So könne eine gut verwurzelte Pflanze "auch einem Sturm standhalten, vielleicht sogar daran wachsen, jedenfalls aber nicht zugrunde gehen".
Genauso gebe es für jeden Menschen bestimmte Dinge, die wirklich wichtig, gewissermaßen unverhandelbar seien. "Ein Ziel kann sein, dafür mehr Freiräume im Alltag zu schaffen", erklärt Ziege. Damit kann man laut Schiele im Kleinen anfangen – und beispielsweise täglich vor dem Mittagessen kurz in sich hineinspüren: "Wie geht es mir körperlich, welche Gedanken gehen mir durch den Kopf? Vielleicht stelle ich fest, dass ich gut drauf bin und Lust auf die nächsten Aufgaben oder das Mittagessen mit Kollegen habe."
Wenn nicht, könne man nach dem Essen vielleicht einen kleinen Spaziergang machen. Schiele: "Es geht meistens um kleine Veränderungen und Routinen im Verlauf des Tages – weniger um die eine riesige Veränderung, die dann alles gut macht."
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