Sternsinger: Einmal im Leben König und Königin sein
Grafschaft - Bei den Sternsingern mitzumachen, ist etwas ganz Besonderes. Schwester Gabriela Zinkl ist als Jugendliche selbst von Tür zu Tür gegangen, hat gesungen und Geld gesammelt. Die Erinnerungen an leuchtende Augen und geschenkte Pätzchen wird sie nie vergessen.
Veröffentlicht am 06.01.2025 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, Königin oder König, Prinzessin oder Prinz zu sein? Unter Kindern ist es ein beliebtes Rollenspiel und gleichauf mit Ritterkämpfen, Piratenschlachten und Fehden zwischen Räuberbanden. Von klein auf bestaunen wir in Märchen und Filmen Könige und Königinnen, von Aschenbrödel, der Prinzessin auf der Erbse, König Drosselbart und dem Froschkönig bis zu den Eisprinzessinnen Anna und Elsa. Mindestens genauso hoch im Kurs stehen Nachrichten, Videos und Bilder von Mitgliedern der real existierenden Königshäuser und ihrer blaublütigen Mitglieder, von England bis Jordanien. Wie nah und greifbar die Königswürde für jeden von uns sein kann, sieht man an Hape Kerkeling, der durch eine eventuelle Liebschaft seiner Urgroßmutter mit dem englischen Königsanwärter theoretisch auf Platz 111 der britischen Thronfolge steht.
Die deutschlandweit größte königliche Aktion
Träume sind Schäume, sagt man. Doch eigentlich ist es gar nicht so schwer, König oder Königin zu werden, zumindest für ein, zwei oder drei Tage. Wie das geht? – Ganz einfach, indem man bei den Sternsingern der Kirchengemeinde mitmacht. Das ist nicht von ungefähr die deutschlandweit größte königliche Aktion von Kindern für Kinder. Und es ist immer wieder schön anzusehen, wenn die herrlich prunkvoll und glitzernd verkleideten Könige und Königinnen begleitet von einem Sternträger durch unsere Straßen ziehen. Gerade zu Jahresbeginn, zwischen Neujahr und dem Dreikönigsfest am 6. Januar, sind sie wieder unterwegs, die königlichen Hoheiten im Dienst der guten Sache.
"Ich war mal Sternsinger" ist fast so ein geflügelter Satz wie "Ich war mal Ministrant". Vor allem aber ist es eine Auszeichnung: Ich darf König oder Königin sein, wenn auch nur für kurze Zeit. Ich selbst denke mit leuchtenden Augen an die wahrhaft goldene Sternsingerzeit als Jugendliche in der Kirchengemeinde zurück. Neben dem Ministrieren an Weihnachten zählte das zu den Höhepunkten des Kirchenjahres und läutete das Ende der Weihnachtsferien ein.
Bevor man König oder Königin wurde, galt es, einige Proben zu bestehen: die Auswahl durch Pfarrer und Gemeindereferentin, das Auswendiglernen der Lieder und Texte für die Hausbesuche, die Einteilung in Gruppen zu je drei Königen, die "Großen" vom Alter her, mit einem Sternträger, die Kleinen hatten am Ende immer die größte Last zu schleppen. Und nicht zuletzt: sich eine wahrhaft königliche Würde anzueignen bevor man gemeinsam durch die Straßen und Häuser zog. Das Üben und Zusammenwachsen in der eigenen Königsgruppe war jedes Mal besonders, das gemeinsame Ankleiden im Pfarrheim war ein Riesenspaß und alle Augen bestaunten uns, wenn wir fröhlich trällernd hinauszogen.
Wundervolle Erinnerungen
Die Erlebnisse die man mit seinen Königskollegen, Königskolleginnen und dem Sternträger beim Besuch der Häuser und Familien machte, sind bis heute unvergesslich. Die staunenden Kinderaugen in den Familien, die vor uns – anders als ein Monat vorher beim heiligen Nikolaus, nicht vor Angst davonliefen. Die vor Dankbarkeit strahlenden Augen zweier älterer Damen oder eines älteren Ehepaars, die brav auf ihrer Wohnzimmercouch saßen und uns, den "echten Königen", ihre Krippe zeigten und Plätzchen und Glühwein servierten. Da waren die unvergesslichen Leberkäs-Semmeln (belegte Brötchen), die man beim Besuch der Metzgerei über die Ladentheke gereicht bekam, die Mini-Shampoo-Proben für jeden König nach dem Sternsingerbesuch im Friseursalon, bei dem für ein paar Minuten alle Scheren, Föns und Trockenhauben ehrfürchtig stillstanden. Da war die Landpartie mit dem Auto über die Dörfer, bei der der lange Stern hinten aus dem Seitenfenster ragte und einem andere Autofahrer freudig zuwinkten und aufblendeten.
Das ist das Schöne und Unvergessliche am Sternsingersein: etwas Gutes tun, sich für bedürftige Kinder einsetzen, den Menschen den Segen des Christkinds bringen für das neue Jahr, gemeinsam ein Weihnachtslied singen und einander Freude bereiten. Segen bringen, Segen sein – eine zeitlose Aufgabe für alle von uns, egal ob König oder Königin nur für einen Tag.
Die Autorin
Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag. Sie ist promovierte Theologin.
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