Wer suchet, der findet? Nicht unbedingt
Grafschaft - Wenn wir etwas können, dann suchen, schreibt Schwester Gabriela Zinkl: nach dem Schlüssel, einem freien Termin, den richtigen Worten oder einem Begriff. Aber finden wir am Ende wirklich immer das Richtige?
Veröffentlicht am 04.11.2024 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Wenn es ein Gebiet gibt, auf dem wir alle Experten sind, dann ist es ohne Übertreibung das Thema Suchen. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht auf der Suche nach irgendetwas oder irgendjemandem sind. Ich suche zum Beispiel fast jeden Tag nach dem Schlüssel, dem Handy, einer meiner Mitschwestern, einem freien Termin im Kalender oder der Lesebestätigung einer Nachricht. Wir alle kennen die Momente, in denen wir nach dem Ticket, der Versichertenkarte oder dem Regenschirm suchen. Wo habe ich den USB-Stick wieder gelassen? Wo sind die Streichhölzer hingekommen? Wo findet man in diesem Supermarkt die Batterien und eine bezahlbare Wohnung in der Innenstadt? Ich suche oft nach den richtigen Worten für ein schwieriges Gespräch, nach dem packenden Satzanfang beim Schreiben eines Textes und nach der richtigen Zeile des Psalms beim gemeinsamen Singen des Stundengebets. Suchen ist die Aktivität und das Tun-Wort, das unser Leben ziemlich genau beschreibt, zumindest meines.
Ich suche, also bin ich. Und ich habe, wie wir alle, das Suchen zu einer meiner Haupt-, wenn nicht sogar zur Lieblingsbeschäftigung gemacht. Dafür habe ich jede Menge hilfreiche Assistenten an meiner Seite, die für mich das Suchen optimieren. Handy, Computer, Internet, Alexa und Co. sind, sofern es Strom gibt, allezeit bereit und erwarten gerne meine Suchaufträge. Für viele sind sie heute schon unentbehrliche Helfer bei der Suche nach dem Rechenfehler in der Buchhaltung, dem perfekten Kochrezept und dem passenden Partner und der Partnerin. Und unglaublich, aber wahr: Meine Assistenten finden sich Sachen für mich, nach denen ich eigentlich gar nicht gesucht habe oder bis jetzt nicht einmal wusste, dass es sie überhaupt gibt. Dagegen hat der gute alte Brockhaus in Omas Wohnzimmerschrank keine Chance. Während er pro Stichwort nur eine Antwort liefern kann, halten meine virtuellen Kompagnons binnen Millisekunden hunderttausende Antworten für mich bereit.
Das ist einerseits sagenhaft, andererseits muss ich doch noch nach derjenigen Antwort suchen, die mir wirklich weiterhilft, das ist manchmal ziemlich ermüdend und frustrierend. Und am Schluss bleibt nicht selten die Frage: Wonach habe ich am Anfang eigentlich gesucht? So praktisch all die Suchmaschinen für die Optimierung unseres Alltags sind, so trügerisch sind sie bei der Anhäufung und Speicherung von Wissen in unserem Gehirn. Unsere persönliche "Festplatte" kann sich die vielen chaotischen Suchaufträge, denen wir jede Minute und jeden Tag hinterherhetzen, nicht merken. Denn vertieftes Wissen will gepflegt und wiederholt werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass unser Gehirn, schließlich eines der faulsten Organe, diese Fülle an kurzfristigen Informationen gar nicht speichert. Das vermeintliche Wissen rauscht nur so an uns vorbei, nur ein minimaler Bruchteil bleibt hängen. Aber all das ist ja kein Problem, denn wir haben das Wissen ja alles in der Tasche und können es schnell mal googeln, wenn wir es brauchen. Das ist einerseits ziemlich praktisch, aber doch alles andere als nachhaltig.
Mit der richtigen Suchmaschine kann man heute fast alles finden. Bei existenziellen Fragen kommt all die Technik und künstliche Intelligenz aber an ihre Grenzen. Beim Thema "Glück" spuckt Google sagenhafte 166 Millionen Ergebnisse aus. Wie schön wäre es, wenn es tatsächlich so viel Glück in so kürzer gäbe, damit könnte man viele Unglücklich schnell und einfach versorgen. Wenn ich selbst aber herausfinden will, ob mein ganz persönliches Glück unter diesen Treffern ist, muss ich wohl viel länger suchen als die Suchmaschine. Vermutlich heißen die Dinger deshalb auch Suchmaschinen und nicht Findmaschinen. Sie können mein Glück nicht herstellen, ich muss schon selber danach suchen und es finden.
Bei der Suche nach "Gott" spuckt die Suchmaschine in kürzester Zeit noch ein paar Ergebnisse mehr aus, ungefähr 168 Millionen in 0.27 Sekunden, sagt sie mir. Ob ich damit Gott finden kann? Ich will es nicht so recht glauben.
Wir sind Gott-Sucher
Ich suche, also bin ich. So neu ist das nicht, denn im Grunde ist das eine Grundkonstante unseres Daseins als Menschen. Woher kommen wir und wohin gehen wir? Für uns Christen ist das, wie für viele andere gläubige Menschen, egal welcher Religion, die Grundfrage nach Gott. Wir sind Gott-Sucher. Ich bin eine Gott-Sucherin und damit bin ich nicht allein:
"Gott, du mein Gott, dich suche ich. Meine Seele dürstet nach dir! (Psalm 63,2)
"Sucht ihr mich, so findet ihr mich. Wenn ihr von ganzem Herzen nach mir fragt, lasse ich mich von euch finden." (Jeremia 29-13-14)
Dass wir alle Gott-Sucher sind, wussten schon unsere Vorfahren zur Zeit des Alten Testaments. Zwischen all den täglichen Suchanfragen nach Alltäglichkeiten und irgendwelchem Krimskrams ist die Suche nach Gott unser Dauerbrenner, oft ist uns das gar nicht richtig bewusst. Dabei suchen wir doch den ganzen Tag nach irgendetwas. Die Suche nach Gott braucht Zeit, er ist verborgen und uns doch so nah. Wir können "Gott in allen Dingen suchen und finden", wusste der heilige Ignatius von Loyola (1491-1566), der Gründer des Jesuitenordens. Die größte Herausforderung an der Suche nach Gott ist, dass sie ein ganzes Leben lang dauert, dabei sind wir doch oft so ungeduldig. Wem das zu lange dauert, dem empfehle ich für die schnelle Suche eine ganz besondere Suchmaschine auf biblischer Basis: Mit "Wer suchet, der findet" lädt katholisch.de frei nach den Worten der Bergpredigt Jesu (Mt 7,7) zur Suche ein. Wer weiß, vielleicht ist der liebe Gott doch nur ein paar Klicks entfernt.
Die Autorin
Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag. Sie ist promovierte Theologin.
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