"Die Amsel weiß: da sitzt Kurt, da sitzt Franz, alles ist gut"

Vogelgezwitscher gegen Angst – "Es berührt Menschen im Herzen"

Berlin - Vögel verständigen sich über ihren Gesang, ohne dass der Mensch sie verstehen könnte. Ihr Gezwitscher wirkt beruhigend, wie Studien zeigen – nicht nur gegenseitig. Auch dem Menschen nimmt es Ängste.

Veröffentlicht am 24.03.2025 – 

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Wer im Frühling bei Morgendämmerung erwacht und die Vögel zwitschern hört, dreht sich womöglich noch einmal auf die andere Seite, lauscht entspannt dem friedlichen Konzert – und schläft wieder ein.

Studien haben gezeigt, dass Vogelgezwitscher auf Menschen beruhigend wirkt. So kam etwa jüngst eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin zu dem Schluss, dass sechs Minuten Gezwitscher pro Tag die mentale Gesundheit positiv beeinflussen. Kein Wunder, dass so mancher das ganze Jahr über digitale Vogelgesänge zum Einschlafen nutzt oder den Lichtschalter im Badezimmer mit einer entsprechenden Geräuschkulisse koppelt.

Die Studie ergab auch, dass es ganz gleich ist, welcher Vogel da nun singt – ob die Amsel oder die Lerche. "Die meisten Menschen sind nicht allzu gut darin, das herauszuhören – und offenbar spielt es für den mentalen Effekt auch keine Rolle", sagt Studienleiterin Simone Kühn. Für die Studie beantworteten psychisch gesunde Menschen einen Fragebogen zu ihrer mentalen Verfassung; es wurden etwa Dinge gefragt wie "Haben Sie den Eindruck, dass die Leute über Sie reden?". Diesen beantworteten die Probanden zweimal; dazwischen hörten sie einmal Vogelgezwitscher und einmal Straßenlärm.

"Der Fragebogen wurde nach Hören des Vogelgezwitschers deutlich positiver beantwortet – die Geräusche wirken demnach gegen Angst, Depressivität und Paranoia", erklärt Kühn. Das zeige weniger, "dass die Stadt uns krank macht, sondern dass es positive Effekte hat, sich die Naturerfahrung ins Haus zu holen". Zur Zeit untersucht die Wissenschaftlerin im Notaufnahmebereich des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, ob Zwitscherboxen die Patienten beruhigen – und der Beruhigungseffekt sich also auch gewinnbringend ins reale Leben übertragen lasse.

"Wenn ein Vogel singt, ist alles friedlich"

Für den Ornithologen und Vogelstimmenimitator Uwe Westphal hat die positive Wirkung von Vogelgesang vor allem zwei Gründe: "Wenn ein Vogel singt, ist in der Regel alles friedlich", sagt er. "Es signalisierte den Menschen früher, dass keine gefährlichen Raubtiere lauerten und sie in Ruhe ihrer Tätigkeit nachgehen konnten." Denn Vögel können nicht nur singen, sondern auch Alarmrufe ausstoßen: "Wenn die Menschen diese Alarmrufe hörten, wussten sie, dass da was im Busch ist". Wer heutzutage etwa schon einmal überaus laute Krähenrufe zur Abendstunde vernommen hat und dann beim Blick nach draußen einen Waschbär im Baum vor dem Wohnzimmerfenster entdeckt hat, weiß wovon die Rede ist.

Und noch etwas anderes signalisiere das morgendliche Singen von Vögeln: "dass der Winter vorbei ist, also auch die Zeit des Hungers und der Not. Das ist genetisches Erbe, das ganz tief verankert ist", sagt Westphal. Dabei hat jede Vogelart einen anderen Zeitpunkt für das morgendliche Tirili, der durch die zunehmende Tageshelligkeit vorgegeben wird.

Jeden Morgen stimmen die einzelnen Arten daher in der gleichen Reihenfolge in das morgendliche Konzert ein. "Es gibt die Frühaufsteher, wie zum Beispiel die Amsel oder die Feldlerche, die schon 80 Minuten vor Sonnenaufgang ihr Lied anstimmen. Zu den Langschläfern zählen dagegen der Spatz, Grünfinken und Stare – die begrüßen den Tag erst etwa zehn Minuten vor Sonnenaufgang mit ihrem Gesang", sagt Westphal.

Bild: ©Canva (Symbolbild)

Morgens vom Gezwitscher der Vögel geweckt werden: ein wundervollen Gefühl, das uns Menschen guttut. Das zeigen auch Studien.

Und woher wissen die Vögel, wer jetzt an der Reihe ist? "Das ist ihnen genetisch in die Wiege gelegt", sagt Westphal. Durch diese Abfolge machen sich gegenseitig akustisch keine Konkurrenz. "Das wäre sonst auch eine ziemliche Kakophonie", so der Vogelstimmenimitator.

Dass die Vögel besonders zwischen März und Juni in den frühen Morgenstunden singen, hat mehrere Gründe: "Die Luftfeuchtigkeit ist dann besonders hoch, und es gibt eine bestimmte Luftschichtung, die für eine besonders gute Schallweiterleitung sorgt." Zudem: "Die Vögel markieren damit ihr Revier und signalisieren: Ich bin noch da, eine Revierübernahme ist zwecklos."

Die Reviernachbarn kennen sich untereinander – und nehmen das morgendliche Zwitschern des Anderen auch selbst als beruhigend wahr: "Die Amsel weiß: Da sitzt Kurt, da sitzt Franz, alles ist gut", so der 67-jährige, der bereits als elfjähriger Junge begann, sich für Vögel zu interessieren. Er sagt: "Ihr Gezwitscher berührt die Menschen im Herzen."

Gebrabbel von Jungvögeln

Das Singen und Tirilieren ist im Frühjahr nur den Männchen vorbehalten. "Die Weibchen erkennen daran das körperlich fitteste Männchen und wissen: Wenn da einer vor sich hinstümpert, ist das nix." Weibchengesänge außerhalb der Brutzeit seien viel weniger gut erforscht. "In der Regel sind sie einfacher und nicht so ausdrucksvoll – wenn sie denn überhaupt singen", erklärt Westphal. Auch hätten Singvögel die Begabung des Singens nicht von Geburt an: "Das ist bei Jungvögeln manchmal ein ziemliches Gebrabbel. Sie müssen den Gesang lernen wie ein Kind sprechen lernt", so Westphal.

Je nach Umgebung passen sich die Vögel mit ihrem Gesang an. Bei Großstadtlärm singen sie entsprechend lauter – und Amseln oder Stare, die sehr gute Nachahmer sind, bauen mitunter sogar Handymelodien in ihren Gesang ein. Andere versuchen, eine andere Vogelart nachzumachen – 'spotten' heißt es in der Fachsprache –, um ihrem Gesang eine besonders individuelle Note zu geben.

Westphals Lieblingsvogel ist übrigens der Kranich, der bereits in der griechischen Mythologie als Vogel des Glücks gilt: "Das sind sehr elegante Erscheinungen, die trompetenartige Rufe ausstoßen. Sie sind sehr intelligent, anpassungsfähig und ihr Bestand zeigt eine stark positive Entwicklung. Wenn ich ein Vogel wäre, wäre ich ein Kranich."

von Nina Schmedding (KNA)

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