Tipps für mehr Gelassenheit bei den Kleinsten

Achtsamkeit? Klappt auch mit Kindern!

Bonn - Achtsamkeit ist kein kurzweiliger Trend, sondern eine bedeutsame innere Haltung für das gesamte Leben. Das Achtsamkeitskonzept lehrt den Menschen, sich selbst besser wahr- und ernst zu nehmen. Mit diesen Tipps klappt das auch mit Kindern.

Veröffentlicht am 09.09.2024 – 

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Achtsamkeit ist eine wertvolle Fähigkeit, die jeder Mensch erlernen und in seinen persönlichen Lebensalltag integrieren kann – und zwar unabhängig vom Lebensalter. Dabei ist Achtsamkeit jedoch nichts Neuartiges und auch nichts Esoterisches. Vielmehr ist es eine innere Haltung, die im Grunde schon jeder Mensch besitzt, doch nicht jeder nutzt sie auf optimale Weise. Es ist eine Art "Geisteswerkzeug", das uns täglich wieder neu die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Dinge in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken und feinere Details genauer zu betrachten.

Hektik, viele Termine, Leistungsdruck und Lärm prägen oftmals den Lebensalltag von Erwachsenen, aber auch von Kindern. Immer mehr Kinder und Jugendliche fühlen sich von den zahlreichen Alltagsherausforderungen unter Druck gesetzt und überfordert – körperlich wie auch seelisch. Stress beginnt nicht erst im Erwachsenenalter, sondern ist bereits für viele Kinder ein ernst zu nehmendes Thema. Auch soziale Medien haben einen beträchtlichen Einfluss auf das kindliche Stressempfinden. Die ständige digitale Reizüberflutung bewirkt nämlich keineswegs Entspannung, vielmehr ist der permanente Kampf um Likes sowie das Cyber-Mobbing oft eine große Belastung.

All die Stressbelastungen führen dazu, dass die Kleinen schlechter schlafen, häufiger unter Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten leiden, Hautausschlag bekommen oder mit verschiedenen Ängsten kämpfen. Genau hier kann gelebte Achtsamkeit einen wertvollen Beitrag leisten, damit Klein und Groß ihre eigenen Bedürfnisse besser wahrnehmen, sich selbst mit mehr Liebe und Wertschätzung begegnen sowie leichter die verschiedenen Alltagsherausforderungen bewältigen können.

Die Grundhaltungen der Achtsamkeitspraxis

Sieben Grundhaltungen helfen uns immer wieder dabei, das eigene Leben bewusster wahrzunehmen und mit der notwendigen Tiefe zu leben.

Offenheit

Wer achtsam lebt, nimmt die Rolle des Beobachters ein. Es ist besonders wichtig, offenzubleiben für das, was jeder Moment der Achtsamkeit für einen bereithält, ganz ohne fest definierte Ziele oder Absichten. Jede Art der Wahrnehmung darf sein, ebenso jeder Sinneseindruck, jeder Gedanke, jeder Handlungsimpuls und jedes Gefühl – egal ob angenehm, neutral oder unangenehm.

Annehmende Akzeptanz

Akzeptanz bedeutet, eine interessierte Haltung zu entwickeln, aber den gegenwärtigen Moment mit allem so annehmen kann, wie er ist. Diese Grundhaltung hat jedoch nichts mit einem passiven, hinnehmenden Verhalten zu tun. Vielmehr kommt es darauf an, genau zu fühlen, was einem guttut und was einem eher Schaden zufügt.

Absichtsfreiheit

In unserem Lebensalltag arbeiten wir häufig auf ein bestimmtes Ziel hin. In der Achtsamkeitspraxis geht es jedoch nicht um eine bestimmte Handlungs- oder Denkweise, sondern darum, im Hier und Jetzt zu verweilen.

Wertfreiheit

Wir leben in einer Gesellschaft, die zunehmend nach Leistung strebt, in der alles bewertet, beurteilt und miteinander verglichen wird. Achtsamkeit bedeutet jedoch, weder sich selbst noch andere Mitmenschen zu beurteilen oder gar zu verurteilen.

Vertrauen

Je mehr ein Mensch in die Achtsamkeitspraxis eintaucht, desto mehr wird das Vertrauen zu einem selbst wachsen und auch die eigene Intuition wird stetig besser.

Geduld

Es ist definitiv kein leichtes Unterfangen, im Alltag immer geduldig mit sich selbst umzugehen und innerlich für Entspannung zu sorgen. Jede Veränderung braucht Zeit und somit muss jeder Mensch mit viel Geduld dem eigenen Tempo folgen.

Loslassen

Loslassen ist eine klassische Achtsamkeitsgrundhaltung. Loslassen bedeutet jedoch nicht zu verdrängen oder sich nicht länger mit einer bestimmten Sache auseinanderzusetzen. Vielmehr geht es darum, negative Vorerfahrungen, Kränkungen oder innere Verletzungen bewusst loszulassen. Nur so kann Platz für Gutes und Neues schaffen.

Ein Mädchen auf dem Arm seines Vaters.
Bild: ©somenski/Fotolia.com (Symbolbild)

Mit Achtsamkeitsübungen lässt sich die Familienzeit bewusst gestalten.

Im Familienalltag gibt es viele Rituale, die einen idealen Rahmen für Achtsamkeitsübungen bieten, so etwa die tägliche Körperpflege, die gemeinsamen Mahlzeiten, die Spielzeiten oder das Zubettgehen. Mütter und Väter können gemeinsam mit ihren Kindern ausprobieren, welche Übung am besten passt und am meisten Freude macht – also ganz ohne Druck und Stress. Eine entspannte Atmosphäre wie zum Beispiel eine angenehme Beleuchtung, eine warme Umgebung oder ein wohlriechender Duft können die Achtsamkeitsübungen unterstützen. Wie lange die Achtsamkeitseinheiten im Familienalltag andauern sollen, kann individuell entschieden werden.

Für Kinder im Kindergarten- oder Vorschulalter sind meistens schon wenige Minuten ausreichend. Wichtig ist dabei nur, dass alle Beteiligten mit Freude dabei sind.

  • Kleine Achtsamkeitsübungen beim Essen helfen dabei, die Mahlzeiten intensiver und ablenkungsfreier wahrzunehmen. So können Eltern ihre Kinder fragen, wie das Essen riecht, welche Geschmäcker sie wahrnehmen und wie sich die Konsistenz auf der Zunge anfühlt.
  • Achtsamkeit lässt sich auch beim Beten mit Kindern einüben. So gibt es zahlreiche betrachtende Gebete, aber auch das Rosenkranzgebet oder ein Meditationsgebet sind optimal geeignet. Gerade Meditation und Achtsamkeit gehen Hand in Hand. Die Meditation, aber auch das Gebet verhelfen zu mehr innerer Ruhe und einem ausgewogenen Gleichgewicht zwischen Körper und Geist. Tipp: Meditatives Beten ist nicht nur zu Hause, sondern auch beim Spaziergang in der Natur möglich.
  • Ein kleines Achtsamkeitsritual empfiehlt sich auch zum Tagesausklang. So können sich Eltern und Kindern gemeinsam die drei schönsten Dinge des Tages erzählen. Das kann vor dem Zubettgehen, aber auch beim Abendessen stattfinden.
  • Der Tag kann auch mit einer kleinen Achtsamkeitsübung starten. So können Eltern ihr Kind spüren lassen, wie es sich anfühlt, wenn vorsichtig auf das vom Waschen noch feuchte Gesicht gepustet wird. Ist es ein erfrischendes, angenehm kühles Gefühl?
  • Beim Frühstück können Sie Kindern unterschiedliche Teesorten oder Säfte anbieten, ohne jedoch zu verraten, worum es sich handelt. So kann sich das Kind achtsam auf den Moment fokussieren und den Geschmack herausfinden.
  • Starten Sie als Familie auch bewusst in den Tag und überlegen Sie gemeinsam: Wofür bin ich heute dankbar? Jedes Familienmitglied entscheidet sich für eine andere Sache.
  • Die Achtsamkeit lässt sich auch mit einer Atemübung trainieren. Dafür legt sich das Kind auf eine bequeme Unterlage auf den Rücken, so zum Beispiel auf den Teppichboden oder auf das Sofa. Ein flauschiges Kuscheltier wird auf dem Bauch des Kindes abgelegt. Nun atmet das Kind langsam, aber mit tiefen Atemzügen ein und wieder aus und beobachtet dabei, wie das Kuscheltier den Bewegungen der Bauchdecke folgt. Ein guter Nebeneffekt ist hier, dass die Kleinen besser verstehen, wie Luft durch ihren gesamten Körper strömt.
  • Kraftquelle: Wählen Sie gemeinsam einen Punkt im Haus aus. Jedes Mal, wenn das Kind an diesem Punkt vorbeigeht, kann es kurz innehalten – anfangs 10 Sekunden, später dann auch 20 Sekunden. An diesem Punkt kann das Kind für einen Augenblick alles ausblenden und sich kurz nur auf eine Sache – nämlich diesen Ort im Haus – konzentrieren. Diese Achtsamkeitsübung stärkt auch die innere Gelassenheit.
  • Die Achtsamkeit lässt sich auch über den Tastsinn stärken. Hierfür wählen Eltern einen Gegenstand aus, so beispielsweise einen Apfel, eine Fernbedienung oder eine Geldbörse. Das Kind soll nun den Gegenstand mit geschlossenen Augen näher erkunden. Wie fühlt sich der Gegenstand an? Ist er weich oder hart? Welche Form und welche Temperatur hat der Gegenstand?
von Christina Zoicas

Die Autorin

Christina Zoicas hat Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit studiert. Seit vielen Jahren arbeitet sie als freiberufliche Autorin und schreibt auch für "Spiritea" gerne Texte.

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