
Nicht nur im Urlaub: Erholung ist auch im Alltag wichtig
Bonn - Sich von Urlaub zu Urlaub hangeln und sich sonst irgendwie durch den Alltag quälen – viele dürften das kennen. Warum das keine gute Idee ist und was jeder im täglichen Trott für mehr Erholung tun kann.
Veröffentlicht am 31.03.2025 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Berufliche Präsentationen und Abgabetermine, to-do-Listen für Haushalt und Freizeit, negative Nachrichten – viele wissen nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Am Feierabend und Wochenende fühlt sich so mancher ausgelaugt und hofft nur noch auf den nächsten Urlaub. Warum das keine gute Strategie ist, verrät Diplompsychologin Anna Rosa Ott, die im betrieblichen Gesundheitsmanagement tätig ist.
Für Berufstätige, Eltern und pflegende Angehörige ist Erholung oft ein Fremdwort. Zu vieles muss noch erledigt werden, damit der Alltag läuft. Für Pausen scheint da kein Raum zu sein. Doch gerade wenn Stressoren nicht vermieden werden können, ist laut Ott Erholung wichtig. Schließlich sei man dadurch leistungsfähiger, motivierter und kreativer. Trotzdem laufen viele weiter stur in ihrem Hamsterrad – mit fatalen Folgen. Ott verweist in ihrem Buch "Jeden Tag ein bisschen Erholung. Impulsgeber für mehr Urlaubsfeeling im Alltag" auf eine finnische Langzeitstudie. Ihr zufolge erleiden Menschen ohne ausreichend Erholungsmöglichkeiten selbst ohne Vorerkrankungen deutlich früher einen tödlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Glaubenssätze umwandeln
Dennoch scheinen Glaubenssätze wie "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen", "Wer rastet, der rostet" oder "Müßiggang ist aller Laster Anfang" tief verwurzelt. Ott rät, sie in "erholungsförderliche Glaubenssätze" umzuwandeln. Als Beispiele nennt sie "Müßiggang ist Quelle guter Gedanken und großartiger Ideen", "Wer rastet, läuft danach wieder schneller" oder auch "Heute habe ich besonders viel zu tun, daher mache ich viele Pausen". Und die Expertin stellt klar: Erholung sei keine Belohnung, sondern Vorsorge.
Was gute Erholung ausmacht, ist aus Sicht der Psychologin individuell, nach dem Motto: "Gut ist, was gut tut". Hauptsache ist demnach, dass man den Kopf frei bekommt und von der Arbeit und anderen Belastungen abschalten kann. Das können durchaus fordernde Tätigkeiten sein – das Lernen eines Instruments oder einer Sprache, das Tangotanzen oder das Ausprobieren eines neuen Kochrezepts. Die Beschäftigung sollte weder zu langweilig noch zu anstrengend sein und für ein gutes Gefühl sorgen.
Dann ist sie für Ott auch eine gute Möglichkeit, "außerhalb der Arbeit Erfolge zu feiern". Solche Erfolgserlebnisse reduzierten das Stressempfinden, der Mensch fühle sich "kompetent, tüchtig und euphorisch". "Gerade nach einem anstrengenden Arbeitstag, an dem wir an uns zweifeln, ist ein Feierabend-Erfolg eine Wohltat, die uns aufheitert", ist die Psychologin überzeugt. Ein "Erholungsallrounder" sei indes Bewegung aller Art. Ob Laufen, Boxen, Radfahren, Spazierengehen oder Tanzen – körperliche Aktivität helfe beim Stressabbau und bei der Entspannung. Sie kann in der Natur, im Sportstudio oder zu Hause erfolgen – Hauptsache sei ein Ortswechsel.

Ein wichtiger Faktor bei der Erholung: Bewegung aller Art.
Auch sinnliches Erleben kann zur Entspannung beitragen – ein Spaziergang im Wald, ein Saunabesuch, eine Massage. Entspannung ist für Ott "die gemütliche Seite von Erholung", gekennzeichnet durch geringe Aktivierung, das Gefühl von Ruhe und Gelöstheit, körperliches Wohlbefinden und bessere Stimmung. All diesen Dingen gemein ist, dass der Mensch dabei aktiv beteiligt ist, statt sich wie beim Fernsehen nur berieseln zu lassen – was aber, zeitlich begrenzt, durchaus auch mal sein dürfe.
Ott hält es für wichtig, "dass wir einen Teil unserer Freizeit so verbringen, wie wir es selbst möchten" – etwa am Wochenende ausschlafen zu können oder ohne Zeitdruck mit einer Freundin zu telefonieren. Bereits das Gefühl, in der Freizeit selbst über Aktivitäten bestimmen zu können, trägt aus ihrer Erfahrung zur Erholung bei.
Prio 1: selbstbestimmte Freizeit
Um selbstbestimmte Zeit zu haben, empfiehlt Ott, die Freizeit gut zu strukturieren. Das helfe dabei, dass private Ziele und Pläne im Alltag neben Abwasch, Einkauf und Kinderbetreuung nicht aus dem Blick gerieten. Auch eine wöchentliche Absprache mit dem Partner ist aus Otts Sicht sinnvoll. Oberste Priorität sollte dabei die selbstbestimmte Freizeit haben – etwa die Zeit fürs Sportstudio, die Lektüre eines schönen Buchs oder der gemütliche Café-Besuch; erst danach könnten andere Aufgaben eingeplant werden.
"Ich habe keine Zeit" – diese Ausrede lässt Ott nicht gelten. Vielmehr würden alltägliche Chancen und Möglichkeiten zur Entspannung, etwa ein kleiner Spaziergang in der Mittagspause im benachbarten Park, oft nicht ausreichend genutzt. So komme es zu dem Gefühl, dass nur der Urlaub echte Erholung bringe. Dieser sollte aber "keine Flucht vor dem Leben sein", denn ein Urlaub allein könne nicht das gesamte Erholungsbedürfnis stillen. Otts Credo: Auch im Alltag sollte sich jeder kleine Erholungsinseln schaffen – in der Mittagspause, am Feierabend und am Wochenende. Freie Zeit sollte mit vielen schönen, sinnstiftenden Aktivitäten verbracht werden.
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Tipps für einen erholsamen Alltag
Alltag und Erholung – das scheint oftmals nicht zusammenzupassen. Die Psychologin und Buchautorin Anna Rosa Ott hat Tipps, wie entspannende und erfrischende Momente möglich werden:
- Feierabendritual: Gerade im Homeoffice verschwimmen Arbeit und Privatleben schnell. Ein Ritual wie das Wechseln der Kleidung oder ein Spaziergang kann den Übergang in den Freizeitmodus erleichtern.
- Wünsche herausfinden: Um gut abschalten zu können, ist die Frage sinnvoll, was man selbst individuell braucht, damit es einem gut geht. Mit diesem konkreten Vorhaben vor Augen fällt es leichter, sich die nötige Zeit freizuschaufeln und konkrete Schritte zu unternehmen. Wer etwa nach der Arbeit ins Fitnessstudio gehen möchte, kann die Sporttasche schon am Vortag packen.
- Freizeit gut strukturieren: Wer selbst über freie Zeit bestimmen kann, entspannt leichter. Dafür sollte der Tag gut strukturiert werden, inklusive Zeitpuffern für Unvorhergesehenes. Das hilft aus Sicht der Psychologin, private Ziele und Pläne im Alltag – neben Abwasch, Einkauf und Kinderbetreuung – nicht aus dem Blick zu verlieren.
- Ortswechsel: Erholung gelingt am besten durch einen Ortswechsel, etwa vom Büro in die Natur oder ins Fitnessstudio. Ott regt an, einen Ort zu finden, an dem man den Stress besonders gut besten hinter sich lassen kann.
- "Erholungsbooster" Bewegung: Tanzen, Boxen, Radfahren, Spazieren gehen, die Gartenhecke schneiden – wer bei der Arbeit viel sitzt, sollte sich zum Ausgleich bewegen. Sport sorge auch für den Abbau von Stress. Wer das mit zusammen anderen macht, befriedigt zudem das menschliche Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit.
- Vierbeinige Gesellschaft: Haustiere tun Menschen gut und sorgen für erholsame Stunden. Das Streicheln eines Tieres beruhigt und baut Stress ab. "Es lohnt sich, dass Sie viel Zeit mit ihrem Erholungscoach auf vier Beinen verbringen."
- Mehr Grün: Nicht nur der Urlaub, auch der Alltag lädt zu Naturerlebnissen ein – die Mittagspause am See, der Weg zur Arbeit durch den Park, ein Wanderwochenende. Ott regt an, sich grüne Alternativen für den Weg zur Arbeit zu suchen, im Büro kurz aus dem Fenster ins Grüne zu schauen oder sich Naturfotos an den Arbeitsplatz zu hängen.
- Entspannen bei Hausarbeit: Bügeln, Fensterputzen und Kochen – all das kann erholsam sein. "Je mehr Sie einer Tätigkeit abgewinnen können, desto besser tut sie Ihnen". Ott rät, ungeliebte Tätigkeiten mit etwas Angenehmen zu verbinden, etwa nebenbei einen Podcast zu hören.
- "Haushaltssprint": Um nicht zu viel Zeit mit ungeliebten Tätigkeiten zu verbringen, empfiehlt die Psychologin ein selbst gesetztes Zeitlimit: eine Stoppuhr stellen und in dieser Zeit möglichst viel schaffen. "Diese kleinen Haushaltssprints sind überschaubar, planbar und daher motivierend" – vor allem, wenn man sich danach mit einer entspannenden Erholungsaktivität belohnt.
- Nahaufnahme: Im Alltagstrott verliert man oft den Blick für die "Schönheit auf dem Weg" aus dem Blick – etwa unterwegs zur Arbeit oder zum Einkaufen. Dabei lauern auch dort immer wieder kleine Glücksmomente wie der farbenfrohe Sonnenaufgang oder die ersten Frühlingsblüten.