Je öfter, desto besser

24 Stunden nur für mich allein: Warum sich ein Besinnungstag lohnt

Grafschaft - An manchen Tagen möchte man am liebsten im Bett bleiben: Das kennt auch Schwester Gabriela Zinkl. Alle paar Wochen steht bei ihr aber ein ganz gegenteiliger Tag an: der Besinnungstag. Was ist das und wie verbringt man diesen am besten?

Veröffentlicht am 07.04.2025 – 

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Es gibt Tage, vor denen möchte ich am liebsten davonlaufen oder gleich ganz im Bett liegen bleiben und nicht aus dem Haus gehen: Bad Hair Day, Schwarzer Freitag, Schlecht-Wetter-Tage und wie sie alle heißen. Jeder kennt und hat solche Tage, an denen einem rein gar nichts gelingen will. Zu unserem Leidwesen haben es diese Tage so an sich, dass sie ohne jede Vorwarnung über uns hereinbrechen. Sie treffen uns völlig unvorbereitet und setzen uns und unsere Vorhaben außer Gefecht, allein das ist für unseren persönlichen Mini-Kosmos schon eine mittlere Katastrophe.

Tage wie diese können wir uns nicht aussuchen. Sie können jeden treffen und machen auch vor Klostermauern nicht halt. Was dagegen hilft, sind klassische Patentrezepte, wie "Augen zu und durch", den Tag und sich selbst trotz allem leicht zu nehmen oder sich mit einem Schoko-Muffin zu trösten, bis es Abend wird.

Zum Glück gibt es nicht viele solcher Tage und zum Glück sehen sie am Abend im Rückblick oft besser aus als zu Tagesbeginn gedacht. Solche Tage gibt es und sie gehören zu unserem Leben dazu.

Das Gegenteil

Anders als bei Bad Hair Days und Co. freue ich mich jeden Monat auf einen ganz bestimmten Tag und Termin im Kalender. Bei uns im Kloster gibt es alle paar Wochen einen stillen Besinnungstag. Genau darauf freue ich mich, gerade wenn es an den Tagen vorher sehr nervig und turbulent zuging.

Wörter wie Besinnungstag, Einkehrtag oder Stiller Tag, sind typisch für Kirchensprache, außerhalb von Kloster- und Kirchenmauern aber eher unbekannt und werden im normalen Sprachgebrauch nicht verwendet. Wer macht schon einen Besinnungstag? Sind Einkehrtage nicht eher was für die alten Omas der Kirchengemeinde, die viel Zeit und Lust zum Beten haben?

Mancherorts heißt so ein besinnlicher Tag auch Wüstentag oder Oasentag, beides mit demselben Ziel: sich einen Tag lang eine Auszeit nehmen, sich zurückziehen, in die "Wüste" und Stille, weg vom sonstigen Alltag gehen und, wie in einer Oase, Kraft schöpfen, ausruhen, Körper, Geist und Sinne neu auftanken. Meditations-Gurus nennen das gerne "Spiritual Retreat".

Bild: ©stock.adobe.com/StratfordProductions

Je öfter man einen Besinnungstag macht, desto besser. Gut allein sein kann man zum Beispiel bei einem Spaziergang in der Natur.

Besinnungstag – Wie geht das?

Wenn also alle Menschen ein Recht auf dich haben, dann sei auch du selbst ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat. Warum sollest einzig du selbst nichts von dir haben? Wie lange bist du noch ein Geist, der auszieht und nie wieder heimkehrt (Ps 78,39)? Wie lange noch schenkst du allen anderen deine Aufmerksamkeit, nur nicht dir selber! Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sag nicht: Tu das immer, ich sage nicht: Tu das oft, aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen.

(Hl. Bernhard von Clairvaux, 1090-1153)

Einen Besinnungstag, Stillen Tag oder Wüstentag kann und darf sich jeder gönnen, je regelmäßiger, desto besser. Wer das ganz gezielt unter Anleitung angehen möchte, findet dazu viele Angebote und geistliche Begleitung in Klöstern, kirchlichen Bildungshäusern, vielleicht auch in der eigenen Kirchengemeinde, hier vor allem zur Fasten- und Adventszeit.

Ohne viel Aufwand kann man sich so einen Besinnungstag auch selbst organisieren. Das Wichtigste dabei ist, dass man sich dafür ganz bewusst einen Tag, vielleicht Samstag oder Sonntag, freihält und Zeit nimmt.

Ganz wichtig: Nichtstun

Zeit nehmen wofür? – Erst einmal fürs Nichtstun. Ein Besinnungstag ist dafür da, dass man sich ausruht, zu sich selbst kommt, nicht noch das und jenes erledigt und auch nicht vor sich selbst davonläuft.

Wie kann man sich selbst so einen Wüsten- oder Oasentag gestalten? – Am wichtigsten dabei ist: Man verbringt den Tag allein oder zumindest für sich und in Stille. Alles, was man tun muss, ist: mich selbst, so wie ich bin, Gott hinzuhalten. Ich kann mich fragen: Wie möchte Gott mich haben, wozu hat er mich geschaffen? Wie kann ich persönlich und mit meinen Fähigkeiten mich selbst und andere Gottes Liebe spüren lassen. Dazu kann man sich eine Bibelstelle auswählen. Oder man kann sich ein Gebet oder Lied aus dem Gotteslob aussuchen, mit dem man sich den ganzen Tag beschäftigt, darüber nachdenkt, meditiert, beim Spazierengehen, beim Gebet in einer Kirche, bei einer Tasse Tee und sonstwo.

Egal, ob man es Besinnungstag, Wüstentag, Oasentag oder Stillen Tag nennt: Ich darf mich mal einen Tag lang auf mein Leben in Gottes Hand konzentrieren. Klingt das nicht traumhaft! – Das ist es tatsächlich auch, man muss sich dafür nur einen Tag Zeit nehmen. Das klingt leicht, kann aber auch ganz schön anstrengend sein. In jedem Fall lohnt es sich für mich selbst und für meine Mitmenschen.

von Schwester Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag. Sie ist promovierte Theologin.

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