
"Und Gott sah, dass es gut war": Das kleine Glück auf dem Balkon
Grafschaft - Einen grünen Daumen hat Schwester Gabriela Zinkl nicht, schreibt sie. Für sie ist es deshalb und sowieso schon ein Wunder, wenn aus dem Nichts dann doch ein zartes Pflänzchen entsteht. Daraus nimmt sie eine wichtige Botschaft mit.
Veröffentlicht am 05.05.2025 –HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Der Frühling ist zurück, sogar bei meiner Freundin Michaela, die mir in einer Nachricht schreibt: "Meine erste gesäte Kornblume blüht, wo ich sonst alles umbringe im Blumenkasten." Es gibt Menschen, die haben einen grünen Daumen, sie bringen Pflanzen zum Blühen, die andere schon aufgegeben hatten. Ich habe einige Mitschwestern, denen das auf besondere Weise gelingt. Michaela und ich gehören definitiv nicht dazu. Wir beide mögen Pflanzen, haben aber nicht wirklich die Muße, uns ihrer Pflege mit ganzer Leidenschaft zu widmen.
Umso schöner ist es, wenn ein zartes Pflänzchen sich trotzdem seinen Weg durch die dunkle Erde oder Trockenheit bahnt und aufblüht. Das ist nicht nur schön, das ist großartig! Ich finde, das ist ein echtes Wunder! Denn da entsteht etwas aus dem Nichts, einfach so, nur mit Hilfe von ein bisschen Wasser, Wärme und Licht und ganz ohne unser menschliches Zutun. Das ist es, was Menschen wie Michaela und mich in diesen Frühlingstagen zum Staunen und Jauchzen bringt, zumindest insgeheim und innerlich.
Wunder gibt es überall
Wunder dieser Art gibt es in diesen Frühlingstagen ziemlich viele. Man muss nur genau hinschauen, liebevoll mit seinem Blumentopf oder Balkonkasten reden oder sich im Garten, Park oder am Feldweg ein bisschen bücken.
Frühling lässt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte …,
schrieb Eduard Mörike 1832 in seinem Gedicht "Er ist´s", das ich wie viele andere in der Schule auswendig gelernt habe. Der Frühling ist etwas Besonderes, weil alles neu zu blühen beginnt, direkt vor unserer Nase und vor unseren Augen. Die Frage ist: Wie, warum und weshalb funktioniert das, das die Natur wieder grün wird, etwas wächst und heranreift und die Wüste blüht? Fasziniert hat das die Menschen schon immer.
Die Ros ist ohn Warum. Sie blühet, weil sie blühet.
Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.
Der Mystiker Angelus Silesius (1624-1677) hat sich Gedanken über dieses Warum gemacht. Er beschreibt die Haupteigenschaft der Rose und aller Pflanzen sehr treffend: Sie wachsen, blühen, verblühen, tragen Frucht – einfach so, ohne zu klagen, ohne nach Ziel und Sinn zu fragen, ohne nach dem Warum und Wozu zu fragen. Ganz nebenbei dienen sie Tieren und uns Menschen zur Nahrung. Und sie erfreuen uns mit ihrem Dasein, ihren Farben ihren Duft. Sie bringen unsere Augen zum Leuchten und einige Nasen auch zum Niesen. Sie bieten uns Schatten, beruhigen unser Gemüt und spenden den Sauerstoff, ohne den das Leben nicht sein kann.

Blumen: Wie wundervoll, dass es sie gibt!
Blumen, Bäume und Pflanzen aller Art werden nicht gefragt, ob sie wachsen wollen. Dort, wo sie Wurzeln schlagen können, bleiben sie und machen das Beste aus den Bedingungen. Sie machen sogar noch mehr daraus, wenn wir sie durch Zugabe von Wasser, Wärme, Licht oder Nährstoffen unterstützen. Sogar die kleinsten Pflänzchen sind unheimlich zäh und schaffen es, durch Mauerritzen zu kriechen oder Schutthügel in kurzer Zeit mit Unkraut zu überwuchern, auch wenn das nicht jederfrau und jedermann gefällt.
Jetzt im Frühling und Frühsommer können wir der Natur und den Pflanzen beim Wachsen zusehen, auf unserer Fensterbank, im Balkonkasten und überall, wo es grünt und blüht. Das zarte Grün hat eine Kraft, die keinen kalt lässt. Man muss es nur an sich heranlassen.
Wie heißt es schon am Anfang der Bibel im Buch Genesis:
Dann sprach Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem Samen darin. So geschah es. Das Land brachte junges Grün hervor, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, alle Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit ihrem Samen darin. Und Gott sah, dass es gut war. (Gen 1,11f.)
In dem Moment, in dem ich diesen Text schreibe, schickt mir eine Mitschwester eine Nachricht mit vielen Bildern von Blumen rund um unser Kloster: "Wie schön ist der Monat Mai, hier bei uns herum." Also gut, ich habe ihre Botschaft und die von Michaela und ihrer Kornblume verstanden: Ich sollte so schnell wie möglich rausgehen in die Natur und sie mit all ihren wunderbaren Geschöpfen genießen und Gott dafür DANKE sagen. Wie wunderbar und schön, dass es das alles gibt!
Die Autorin
Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag. Sie ist promovierte Theologin.
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