"Seht euch die Vögel des Himmels an"

Nimm es leicht wie ein Vogel

Grafschaft - Wie herrlich sie morgens klingt, die Vogelschar. Anders als die Menschen fallen sich Nachtigall, Amsel und Star nicht ins Wort, schreibt Schwester Gabriela Zinkl. Dass Vögel einen positiven Effekt auf uns haben, wusste auch schon Jesus.

Veröffentlicht am 25.08.2025 – 

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Vögel sind im Tierreich und unter uns Menschen so ziemlich die ersten, die schon in aller Herrgottsfrühe wach sind. So kommt es einem zumindest vor. Denn man hört sie schon frühmorgens draußen singen, noch bevor die Sonne aufgeht. Ob es unter den Vögeln wohl so etwas wie Langschläfer gibt? Zumindest gibt es Nachteulen, deren Lebensform wir gerne auch sprichwörtlich auf nachtaktive Menschen übertragen. Der frühe Vogel fängt den Wurm, heißt es. Aber was bedeutet schon "früh", ist das nicht Ansichtssache?

Tatsächlich singen die Vögel morgens um die Zeit des Sonnenaufgangs besonders intensiv, im Frühjahr und Frühsommer noch zahlreicher als im Spätsommer und Herbst. Von der Biologie lernen wir, dass jeder Vogel so etwas wie eine innere Uhr hat, so wie wir Menschen über eine biologische Uhr verfügen. Die innere Uhr der Vögel orientiert sich am Sonnenaufgang. Dass sie zu diesem frühen Zeitpunkt, für uns gefühlt noch mitten in der Nacht, schon um die Wette zwitschern, hat verschiedene Gründe. Es gibt Vögel, die einander mit ihrem Gesang beeindrucken wollen, die Männchen die Weibchen, die Größeren die Kleineren, die Schreihälse den Rest der Vogelwelt. Es gibt Vögel, die wollen ihr Revier abgrenzen, ihnen geht es sozusagen um Reichweite. Wer den Vögeln frühmorgens einmal genau zuhört, merkt, dass unter den Vögeln kein lautes, chaotisches Gekreische herrscht, sondern ein geordnetes Singen. Nicht wie ein Chor, aber doch wie ein schönes Konzert mit verschiedenen Stimmen, Einsätzen und verschiedenen Instrumenten. Der Vogel, der als erster den Ton für die anderen angibt, der Konzertmeister sozusagen, ist die Nachtigall. Mit ihrem Gesang meldet sie sich schon anderthalb Stunden vor Sonnenaufgang zu Wort. Danach folgt die Amsel, eine Stunde vor Tagesanbruch, und dann kommt nach und nach, wie im Lied, die ganze Vogelschar. Zuletzt melden sich dann Star und Buchfink, wissen die Vogelfreunde und Fachleute. Bei den Vögeln gibt es also eine klare Rang- und Singordnung. Und – im Vergleich zu uns Menschen, die wir uns einander oft genug ins Wort fallen – halten sie sich auch daran, wie vorbildlich.

Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
Mt 6, 26

Was machen Vögel eigentlich den ganzen Tag?

Strenggenommen tun die Vögel nichts anderes als wir Menschen und jedes Lebewesen auf der Erde: Sie kümmern sich um ihr Essen, suchen und bauen sich einen Unterschlupf, sie paaren sich und sorgen für ihren Nachwuchs. Wenn sie auf einem Ast sitzen und singen, ist das nicht etwa Freizeitgestaltung oder Chorprobe, sondern ganz bewusste Signalmusik und Lebensform. Ein Vogel fliegt, singt, erhält sich durch Nahrung am Leben und hat Ruhepausen oder Schlafphasen, auch wenn er sich dazu nicht erst in ein Bett verkriechen muss. Vögel schlafen im Stehen oder Sitzen, auf der Stange sozusagen. Wer selbst Vögel hält oder sie in der Natur oder im Zoo längere Zeit beobachtet, kann das leicht feststellen.

Bild: ©Cana

Schon mal "Birdwatching" betrieben? Oder einfach nur Vögel beobachtet?

Überhaupt ist es voll im Trend, Vögel zu beobachten, ihr Vorkommen zu zählen und ihrem Gesang zu lauschen. Vogelbeobachtung, Ornithologie oder ganz modern "Birdwatching" sind voll im Trend. Durch den Park und Wald zu streifen und Vögel wahrzunehmen, ist seit einiger Zeit so angesagt, dass der Verkauf von kleinen Ferngläsern boomt und es schon mehrere Apps zur Vogelbestimmung gibt, die einem zu Aussehen, Gefieder, Farbe und Gesang des Vögelchens weiterhelfen. Galten Ornithologen genauso wie Käfer- und Schmetterlingssammler früher als ziemlich verschrobene Typen, so ist Birdwatching für viele heute neu und anders – vielleicht macht es auch nur der englische Name aus, dass viele darin die Natur-Entspannung und Zur-Ruhe-Kommen schlechthin sehen.

Es ist erwiesen, dass das Beobachten von Vögeln einen äußerst positiven Effekt auf unser Wohlbefinden hat. Wer Vögel gut hören und sehen will, muss nach draußen gehen. Vögel sind Sinnbild für eine lebendige Natur. Anders als Haustiere existieren sie unabhängig von uns Menschen und bringen keine Verpflichtungen mit sich. Selbst wer täglich die Spatzen auf dem Balkon füttert, weiß, dass die Tiere auch ohne diese Zuwendung nicht verhungern würden und kann sorglos in den Urlaub fahren. Vögel bieten uns einen ganz einfachen Zugang zur Welt der Wildtiere. Sie leben direkt vor unserer Haustür und lassen sich nicht davon stören, wenn wir ihnen stundenlang zusehen. Wir Menschen sind ihnen schlichtweg egal, außer wenn wir sie verjagen, wie störende Tauben, Saatkrähen oder andere ungeliebte Besucher in der Landwirtschaft oder im Obstgarten.

Vögel strahlen Leichtigkeit und Zuversicht aus, immer und überall. Der Storch, der im Nest hoch oben auf dem Schornstein seine Jungen füttert, genauso wie der kleine Spatz auf dem Vorsprung des Hausdachs. Sich hinsetzen und darauf pfeifen. Oder zum nächsten Ast fliegen. Ohne große Sorge und Eile sein, was die nächste Stunde und der neue Tag wohl bringen werden. Vermutlich ist es genau das, was Jesus meint, wenn er uns im Evangelium empfiehlt, auf die Vögel des Himmels zu blicken und von ihnen zu lernen. Es so zu machen wie die Vögel, ist kein Aufruf zum Nichtstun und Faulsein. Viel eher ist es ein genialer Tipp: Gelassen bleiben und nicht meinen, man muss immer alles allein fertigbringen. Vögel sind Profis für Teamwork, sie warten die richtige Zeit ab und stimmen dann in den Gesang der anderen mit ein. Und noch mehr: Sie machen sich keine großen Sorgen, ob die Sonne morgen früh wieder aufgeht oder nicht. Nein, die Vögel vertrauen fest darauf, dass der nächste Sonnenaufgang bestimmt kommt. Genau dafür singen sie und geben die Hoffnung nicht auf. Wir können von den Vögeln also jede Menge lernen, zuerst einmal sollten wir ihnen aber zuhören.

von Schwester Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag. Sie ist promovierte Theologin.

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