Weihnachten geht es nicht unbedingt um Frieden, Liebe, Seligkeit und Freude

Das Kind kam in einer schmutzigen Krippe zur Welt

Grafschaft - Plötzlich ist es so weit: Weihnachten! Wie so oft ist diese Zeit für viele Menschen von Stress geprägt. Schwester Gabriela Zinkl schaut im Evangelium genau hin: Auch in der Weihnachtsgeschichte ist nicht alles heil und rosig.

Veröffentlicht am 23.12.2024 – 

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Das Ende des Jahres nähert sich mit riesigen Schritten. Aber halt: Vorher steht noch das Fest der Liebe an: Weihnachten. Seit Wochen haben wir uns darauf vorbereitet, haben neugierig Tür um Tür im Adventskalender geöffnet, jeden Sonntag eine Kerze mehr am Adventskranz angezündet, Briefe, Karten und Päckchen verschickt und Geschenke eingepackt. Der Weihnachtsputz wurde gemacht, ein Baum oder etwas ähnliches ausgesucht und geschmückt, schon lange vorher wurden Plätzchen gebacken oder gekauft. Und wir haben uns mit vielen adventlich-weihnachtlichem Zeugs eingedeckt oder sind damit beschenkt worden, vom Bratapfeltee über das Tannenduft-Teelicht bis zur glitzernden Christbaumspitze. Was man eben so braucht, damit es zuhause richtig weihnachtlich wird.

Da kann es schon mal passieren, dass die Weihnachtstage selber dann nicht so Christkind-selig ausfallen, wie wir uns das so vorstellen und ausmalen. Und wenn wir ehrlich sind, ist das über die Jahre gesehen doch wieder ganz normal, dieses leicht chaotische, stressige Weihnachten oder besser die Vorbereitung darauf. Für viele ist Weihnachten ein großer Balanceakt zwischen Arbeitsstress und Festtagsvorbereitung. Manche klinken sich aus und kündigen frühzeitig an, keine Geschenke zu machen und nicht beschenkt werden zu wollen, um dann an Weihnachten selbst irgendwie dumm aus der Wäsche zu schauen, wenn doch jemand an sie denkt. Dabei ist das Thema "Geschenk" schon jenseits von Weihnachten heikel genug: Wem schenke ich was, wann und wieviel? Was hat er oder sie mir letztes Jahr nochmal geschenkt? – Seien wir ehrlich: Das sind echte Luxusprobleme.

Worum geht es an Weihnachten nochmal?

Um Frieden, Liebe, Seligkeit, Freude? Stopp. Wenn man das Evangelium genau liest, geht es doch eher darum: um das nicht so heile und rosige. Um Probleme, Enttäuschungen, ein lausiges Obdach, eine sicher nicht auf Hochglanz polierte Futterkrippe, eine schmutzige Höhle, müde und zunächst mürrische Hirten und viele Sachen mehr von dieser Sorte. Kurz: Es geht um unseren Alltag, der nicht immer wunderschön, hochglänzend und vorzeigbar ist. Das ist Weihnachten:

  • Da ist ein junges Mädchen verzweifelt, weil es ungewollt oder unvorhergesehen schwanger ist.
  • Da fällt ihr Freund oder Verlobter aus allen Wolken, weil sie schwanger ist, was doch gar nicht sein kann.
  • Da müssen beide, ob sie wollen oder nicht, gerade jetzt zusammenhalten, denn das hat der Engel im Auftrag Gottes dem Mädchen und dem Mann im Traum gesagt. Wie viele Partnerschaften zerbrechen an genau diesem Punkt?
  • Da müssen sich beide auch noch bei winterlichen Temperaturen auf eine weite unangenehme Reise nach Betlehem machen, um sich beim richtigen Finanzamt anzumelden.
  • Und dann, ausgerechnet dann, finden die beiden bei aller Erschöpfung kein Zimmer und keine Schlafgelegenheit. Wo sie auch fragen, sie werden ziemlich oft und unfreundlich abgewiesen – hochschwangeres Mädchen, junges Liebesglück und eiskalte Nacht hin oder her.
Bild: ©lacaosa/Fotolia.com

Weihnachten muss nicht perfekt sein – das war es schließlich für die heilige Familie ganz und gar nicht.

Ausgerechnet in diesem ganzen Schlamassel will das Baby, der Sohn Gottes zur Welt kommen. Tja, er hat es sich selbst so ausgesucht. Es ist kein Buckingham Palace, es ist nicht mal ein Haus mit einem richtigen Dach über dem Kopf. Nein, es ist eine lausige Höhle, ein Unterschlupf für die Hirten und Tiere in der Nacht vor den Toren der Stadt. Dort, wo es schmutzig, staubig und dreckig war. Dort, wo nichts für eine Geburt, Übernachtung und Besuch vorbereitet war. Dort, wo keiner damit gerechnet hatte. Genau dort war und ist der richtige Platz für die Geburt von Jesus, dem Sohn Gottes.

Will uns nicht die ganze Weihnachtsgeschichte an genau das erinnern? Dass Jesus geboren wird im Schmutz, im Dreck, im Chaos, im Unfertigen, dass seine Eltern vor die Tür gesetzt werden und nicht willkommen sind. Im Weihnachtsevangelium und vor allem in der Krippe, in der Jesus meistens auf Stroh liegt, sieht man das sehr gut.

Übrigens ärgerte sich darüber schon der heilige Hieronymus (348/49-420), der sein Quartier in einer Höhle neben der Geburtsgrotte in Betlehem aufgeschlagen hatte. In einer Weihnachtspredigt sagte er rund 400 Jahre nach der Geburt Christi etwas provokant, dass er sich danach sehne, jene Krippe sehen zu dürfen, in welcher Christus wirklich lag. Denn in einer silbernen Krippe wurde er bestimmt nicht geboren.

von Schwester Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft. Für "Spiritea" schreibt sie regelmäßig Texte über Themen rund um Spiritualität und Glaubensalltag. Sie ist promovierte Theologin.

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